verzichtbare worte aus der handelskammer
: Der Standortprediger

Das letzte Wort des Jahres kommt traditionell aus der Handelskammer, und damit ist es zugleich das erste des neuen Jahres. Noch kein amtierender Präses ließ sich die Chance entgehen, wortgewaltig und mediengerecht zu sagen, was zu sagen er zu müssen meinte. Karl-Joachim Dreyer erst recht nicht. Dabei wäre es verzichtbar gewesen.

KOMMENTAR VON SVEN-MICHAEL VEIT

Und das nicht zum ersten Mal. In unschöner Erinnerung ist noch seine Skandalrede vor fünf Jahren. In seiner damals ersten Ansprache als Chef der Hamburger Ehrbaren Kaufmänner hatte Dreyer sich dermaßen arg im Ton vergriffen, dass er von der eigenen Gefolgschaft zur Ordnung gerufen wurde.

Die autogerechte Stadt hatte er gefordert und den Gewerkschaften wegen ihrer Forderung nach Vermögenssteuer „steinzeitlichen Klassenkampf“ vorgeworfen; die damalige rot-grüne Bundesregierung hatte er harsch angegriffen, den seinerzeitigen Schwarz-Schill-Senat aber ausdrücklich gelobt. Speziell der kurz darauf gefeuerte Schill ist ihm heute peinlich.

Doch führte das nur dazu, dass dem Präses der altehrwürdigsten und einflussreichsten Wirtschaftslobby dieser Hansestadt nichts Substanzielles mehr einfällt. Das Herunterbeten von Wunschzetteln ersetzt keine wirtschaftspolitischen Visionen, das ermüdende Wiederkäuen von Kampfbegriffen ist keine Rhetorik.

Im Mai muss Dreyer einem Nachfolger weichen. Und wenn die Kammer schon einen Standortprediger braucht, dann bitte einen Ernst zu nehmenden.