Anachronistische Kirchenprivilegien

betr.: „Der Staat zivilisiert die Religion“, taz vom 18. 12. 07

Dass von der Kirche entlassene „liberale Lehrkräfte“ vom Beamtenrecht geschützt werden, wenn die Kirchen von ihrem Weisungsrecht Gebrauch machen und die entlassene Person zwecks Weiterbeschäftigung an den Staat „weiterreichen“, setzt doch wohl voraus, dass diese Menschen im staatlichen Beamtenverhältnis sind. Dies ist eine so sehr zu vernachlässigende Größe, dass bislang hiervon nur eine Handvoll Hochschullehrer betroffen ist.

Wenn sich aber die katholische Kirche seit fast 90 Jahren auf „die auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechtstiteln beruhenden Staatsleistungen“ an sie beruft (Artikel 138 Absatz 1 der Weimarer Reichsverfassung) sowie Artikel 18 des Reichskonkordats von 1933 („Hitlerkonkordat“) und selbst heute noch immer rechtsverbindliche Zuschüsse zur Besoldung der Geistlichen und Bischöfe, Sachleistungen und Dotationen jeglicher Art für sich einfordert, dann sollte doch zunächst einmal die Kirche die eigenen Finanz- und Vermögensverhältnisse offenlegen, aber auch ihre anachronistisch daherkommenden Privilegien offenbaren: staatlicher (Teil-)Verzicht auf zum Beispiel Einzug der Kirchenlohnsteuer (diese sind sogar als „Sonderausgaben“ abzugsfähig), Steuerbefreiung, Gebührenbefreiung, Zinsabschlagsteuer usw., Staatsverträge mit den Bundesländern, kommunale Zuwendungen, Baulasten, Militär-, Anstalts- und Polizeiseelsorge, Konfessionsschulen, Privatschulen, Kindertageseinrichtungen, kulturelle Betreuung, Auslandsarbeit, Denkmalpflege, Bauzuschüsse, gerichtliche Bußgelder und vieles andere mehr erhält sie zugesprochen.

Es darf nicht sein, dass nur die Haushaltspläne der Diözesen, Landeskirchen und Kirchengemeinden transparent, der „Bischöfliche Stuhl“ aber hiervon ausgenommen ist.

Wenn Deutschland am bisherigen Staatskirchenrecht festhält, dann ist es nur billig, wenn alle anderen Religionsgemeinschaften selbige Rechte und Privilegien fordern, wie sie die Kirchen für sich reklamieren. Besser aber ist, was Religion zu sein hat: nämlich die Privatsache eines jeden Einzelnen. HANS SCHEMMER, Borken

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