Erpresser machen Rechnung ohne den Wirt

Die Polizei hat am Silvesterabend drei mutmaßliche Schutzgelderpresser gefasst. Der Erfolg geht auf Informationen von italienischen Wirten zurück. Ob tatsächlich die Mafia dahintersteckt, können die Ermittlungsbehörden nicht sagen

Weihnachten und Silvester sind zwar vorbei, die Polizei war am ersten Werktag im neuen Jahr trotzdem in Festtagslaune. Der Anlass: Den Landeskriminalbeamten ist in der Silvesternacht offenbar ein gewaltiger Schlag gegen Schutzgelderpresser gelungen.

Die mutmaßlichen Täter stehen im Verdacht, mindestens 36 überwiegend italienische Restaurantbesitzer erpresst zu haben. Ein Brand in einem Lokal in Wilmersdorf, der am zweiten Weihnachtstag stattfand, soll ebenfalls auf ihre Kappe gehen. Verletzt wurde bei dem Brand niemand.

Zwei der Verdächtigen (beide 26 Jahr alt) wurden am Abend des 31. Dezember in Charlottenburg festgenommen. Dabei handelt es sich um einen Staatenlosen arabischer Herkunft und einen Italiener. Einen Dritten fassten die Ermittler kurze Zeit später in der Nähe seiner Wohnung. Fünf Wohnungen wurden anschließend durchsucht. Gegen die beiden 26-Jährigen hat der Ermittlungsrichter inzwischen Haftbefehl wegen versuchter räuberischer Erpressung erlassen. Der 63-Jährige befindet sich wieder auf freiem Fuß.

Italienische Gastwirte hatten sich Mitte Dezember an die Polizei gewandt, nachdem Unbekannte in ihren Lokalen aufgetaucht waren und Erpresserbriefe abgegeben hatten. In den gleich lautenden Schreiben forderten die Erpresser die Gastronomen auf, eine „spontane Spende“ für den „Heiligen Beschützer“ zu entrichten. Für den Fall der Zahlungsverweigerung drohten die Erpresser mit „Schmerzen“. Dazu ist es aber nicht gekommen. Denn in der Silvesternacht schlugen die Ermittler zu. Bei den Hausdurchsuchungen der Tatverdächtigen fanden die Fahnder unter anderem die Erpresserbriefe und eine scharfe Schusswaffe.

Die Aktion sei nur möglich gewesen, weil sich die betroffenen Gastronomen so schnell an die Polizei gewandt hatten, sagte am Mittwoch Landeskriminaldirektor Bernd Finger. Er lobte das Vertrauen der Gastwirte in die Polizei und dankte der Initiative „Mafia? Nein danke!“

Nachdem im August 2007 sechs Italiener in Duisburg ermordet worden waren, hatten sich italienische Gastwirte zu dieser Initiative zusammengeschlossen und vereinbart, Schutzgelderpressungen sofort den Behörden zu melden. Dies ist für die Betroffenen kein leichter Schritt. „Bis zuletzt mussten alle Gastronomen, die Anzeige erstattet haben, davon ausgehen, sie würden wirklich von der Camora, der neapolitanischen Mafia, erpresst“, sagte Laura Garavini von der „Union der Italiener in der Welt“. Sie zeigte sich erfreut, dass trotz der dadurch provozierten Angst die Gastronomen standhaft blieben und Zivilcourage gezeigt haben. Für die Gastronomen könnte es zwar noch gefährlicher sein als vorher. Gravini hält diesen Weg dennoch für richtig.

Ob hinter den Schutzerpressern tatsächlich die Mafia steckt, konnten die Ermittler bisher nicht bestätigen. Auch nicht, ob es Kontakte zu anderen Organisationen in anderen Städten gibt. LKA-Leiter Finger sprach deshalb auch nur von „mafiaähnlichen Methoden“. FELIX LEE