bremische europapolitik
: Mehr Streit!

Die Situation war geradezu typisch, gestern im Europaausschuss der Bürgerschaft. Kaum ein Parteienvertreter, der nicht betonte, wie sehr man sich doch einig sei in europapolitischen Fragen. Und kaum ein Abgeordneter, der nicht die fehlende Öffentlichkeitswirkung der EU beklagte. Den Zusammenhang zwischen beidem sehen sie nicht.

Kommentar von Jan Zier

Dabei ist es nicht zuletzt dieser stets zur Schau getragenen Einigkeit geschuldet, dass über die EU mitunter wenig geschrieben und gesprochen wird. PolitikerInnen aller etablierter Parteien trauen sich den Konflikt nicht zu, ja, sie gehen ihm seit jeher demonstrativ aus dem Weg. Bremen und sein Landtag macht da keine Ausnahme. Die parteiübergreifende Zustimmung zum Projekt „Europäische Einigung“ war in der Nachkriegs-Bundesrepublik stets konstitutiv, sinnstiftend. Daran hat sich in 50 Jahren EU nicht viel geändert. Streit durfte nicht sein – das hätte ja die friedens- und wohlstandsstiftende Wirkung der Union in Frage stellen können. Nur nicht als böser Euroskeptiker gelten.

Doch gerade weil die EU heute mehr sein will als ein Projekt politischer Eliten, muss über Europa genauso kontrovers gestritten werden wie über deutsche Innenpolitik. Dann wird auch mehr darüber berichtet. Und öffentlich debattiert.