Justiz prüft Jade-Port

Die für Korruption zuständige Staatsanwaltschaft in Osnabrück geht nun auch den politischen Vorwürfen um Mauschelei beim Tiefwasserhafen nach. SPD und Grüne fordern Hirches Rücktritt

VON KAI SCHÖNEBERG

Ob Toilettenhäuschen oder Tiefwasserhafen: Wenn die öffentliche Hand Aufträge ausschreibt, ist das Vergaberecht einzuhalten, damit Bieter gleich behandelt werden. Auch die Justiz hat sich nun des Vorwurfs der Mauschelei bei der Vergabe des 480 Millionen Euro-Auftrags für den Jade-Weser-Port angenommen.

Die für Korruption zuständige Osnabrücker Staatsanwaltschaft leitete Vorermittlungsverfahren ein. Eine Strafanzeige der Wilhelmshavener Initiative „Bürger gegen den Jade-Weser-Port“ liege vor, bestätigte ein Sprecher am Dienstag der taz. „Wir prüfen derzeit, ob ein Anfangsverdacht vorliegt.“ Die Initiative wirft der Führungsriege der bremisch-niedersächsischen Jade-Weser-Port Realisierungsgesellschaft (JWP) Verstoß gegen nationale und europäische Vergaberichtlinien sowie Untreue zu Lasten des Steuerzahlers vor.

Er freue sich, den „Staffelstab nun höchstwahrscheinlich an die Staatsanwaltschaft“ weitergeben zu können, sagte Enno Hagenah, Grünen-Obmann im Hafen-Untersuchungsausschuss. Nach 20 Sitzungen und der Vernehmung von 28 Zeugen seien viele Akten angefallen, die er gerne weiterreichen wolle. SPD und Grüne stellten in ihrer Ausschuss-Bilanz fest, dass das Vergaberecht in mindestens fünf Punkten gebrochen worden ist. Nicht nur bei den Bremer Hafenbeteiligten, wie das CDU und FDP meinen, auch unter der Ägide von Wirtschaftsminister Walter Hirche (FDP) sei „getrickst“ worden, sagte Hagenah. Deshalb wollen SPD und Grüne bei der Landtagssitzung am kommenden Mittwoch Köpfe rollen sehen. Hirche, sein Staatssekretär Jürgen Werren sowie die gesamte Spitze der JWP seien „sofort abzulösen“, sagte Hagenah. Auch Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) sei über das Verbiegen des Vergaberechts zumindest „umfänglich informiert“ worden, setzte SPD-Kollege Gerd Will nach.

Für die Oppositions-Politiker sind die Niedersachsen auf Drängen Bremens im vergangenen Februar auf die Bieter um den Essener Baukonzern Hochtief umgeschwenkt, obwohl die Fachleute in der JWP das Angebot der Baufirma Bunte bevorzugten. Aus Angst vor Klagen Hochtiefs, die den Zeitplan verzögert hätten, habe sich die JWP vergaberechtswidrig gegen die Baufirma Bunte entschieden. „Das größte Problem im Zeitverzug war im Hinblick auf die Wahl“, hatte der Hafenplaner Wolf-Dietmar Starke im Ausschuss aus einem Gespräch mit dem niedersächsischen JWP-Geschäftsführer Helmut Werner erzählt. „Deshalb“, so Werner im Februar 2007 zu Starke, „müsse mit allen Mitteln versucht werden, Hochtief einzubinden“. Grüne wie SPD halten die Aussagen des wegen angeblich zu großer Nähe zu Bunte gefeuerten Starke für „plausibel“.

Für wenig plausibel hielt ein Gericht das Angebot von Hochtief: Im September verlor die Firma den bereits erfolgten Zuschlag wieder. Nun soll Bunte den Superhafen bauen. Wann, steht wegen einer ausstehenden Gerichtsentscheidung in den Sternen.

Wegen gefährdeter EU-Zuschüsse, steigender Kosten für Stahl und Personal sowie möglicher Strafzahlungen addiere sich das „Kostenrisiko“ inzwischen auf bis zu 100 Millionen Euro, sagte Hagenah.

Einig sind sich die Hafen-Streithähne von Opposition und Regierung nur in einem: Die Bagger für den Jade-Weser-Port sollen so bald wie möglich anrücken. CDU und FDP sahen am Dienstag jedoch keinen Verstoß gegen das Vergaberecht. Der Opposition sei es „nicht gelungen, die Vorwürfe zu beweisen“, sagte CDU-Obmann Hermann Dinkla. Die Vorwürfe seien der „verzweifelte und nunmehr gescheiterte Versuch, im Landtagswahlkampf noch einmal zu punkten“.