jugendstrafvollzug
: Künstliche Debatte

Politik hat manchmal mit puren Zufällen zu tun: Und da hat Schleswig-Holstein gerade Glück gehabt. Kurz bevor die hektische Debatte um jugendliche Gewalttäter losbrach, beschloss der Kieler Landtag ein neues Gesetz für den Jugendstrafvollzug – und das nun aus aktuellem Anlass und flankierend zu Wahlkämpfen anderer Länder wieder zu kippen, dürfte schwierig sein.

KOMMENTAR VON ESTHER GEISSLINGER

Zwar gibt es auch in Schleswig-Holstein heute mehr Jugendkriminalität, und die Polizei verzeichnet mehr Gewaltdelikte. Doch die Zahl der Jugendlichen in den Gefängnissen liegt unter dem Bundesschnitt: Das Land setzt auf Bewährungsstrafen, auf Resozialisierung statt Wegsperren, Erziehung statt Strafe.

In der zurzeit künstlich erregten Debatte ist Sachlichkeit angebracht. Dass Jugendliche mehr Straftaten begehen als etwa Rentner, ist keine neue Tatsache – und keine besonders aufregende. Dass aber seit einigen Jahren Einzelne in höchstem Maß brutal zuschlagen und auf am Boden liegende Opfer eintreten, ist besorgniserregend. Im Gefängnis jedoch ist dieses Phänomen nicht zu beheben. Der Kampf gegen diese Formen von Gewalt muss früher ansetzen, im Kindergarten, in der Krippe, in der Familie. Wenn die aktuelle Debatte also dazu dient, das Thema im Blick zu behalten und Präventionsprogramme und Beratungsstellen besser zu finanzieren, kann das nur gut sein.