die taz vor 20 jahren über die tollen israelisch-amerikanischen beziehungen
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Beruhigend klangen die Worte des Außenministers: „Die Vereinigten Staaten betrachten ihre Freundschaft und ihre engen Beziehungen zu Israel als unerschütterlich und als Schlüsselfaktor.“ Niemand solle es mißverstehen, wenn die USA gelegentlich gegen Israel votieren, fügte George Shultz am Donnerstag hinzu. Vielmehr mache es die Stärke einer Freundschaft aus, wenn man bisweilen verschiedener Ansicht sein könne. Shultz versuchte mit diesen Worten, den im Dezember aufgeflammten Streit um Israels Maßnahmen gegen die revoltierenden Palästinenser in den besetzten Gebieten beizulegen. Insbesondere bemühte er sich, den Organisationen amerikanischer Juden entgegenzukommen, die wiederholt im State Department ihr Befremden über die harten Worte aus Washington ausgedrückt hatten. So hatten sie am Heiligabend bei Shultz vorgesprochen, nachdem das Weiße Haus zwei Tage zuvor beide Seiten für die eskalierende Gewalt verantwortlich gemacht hatte.

Eine Woche darauf hatte die Reagan-Administration die geplanten Deportationen von neun Palästinensern kritisiert und dies auch mit ihrer Zustimmung zu einer entsprechenden Resolution im UN-Sicherheitsrat unterstrichen.

Ob für Washington die Angelegenheit nunmehr erledigt ist, wird sich nicht zuletzt in den besetzten arabischen Gebieten entscheiden. Die spontane Revolte, die dort Anfang Dezember unter den palästinensischen Jugendlichen ausgebrochen war, hatte die in Washington gehegten Illusionen zerstört, daß es im Nahen Osten gegenwärtig so etwas wie einen „Friedensprozeß“ gebe.

Die Reagan-Administration hatte in den letzten Monaten eine bequeme Abwartehaltung im Nahost-Konflikt eingenommen und darauf gehofft, daß der Dialog zwischen Israel und Jordanien irgendwann Resultate zeitigen werde, die in eine internationale Nahost-Konferenz münden würden.

Stefan Schaaf, 11. 1. 1988