berliner szenen Reverse Gentrification

In der Heidestraße

Kaum Luft geholt bei Artists Anonymous, in der im Geiste des Suburbanismus errichteten Kunstshoppingmall namens Heidestraße, sagt Mike „Foto-Shop“ Riemel: Was ist das denn für eine krasse Frisur, sieht ja aus wie Richie Hawtin 2003. Entschuldigung, das trägt man jetzt nicht nur so, dieser zackige Tanz-den-Mussolini-Schnitt ist Ergebnis einer George-W.-mäßigen Polizeiaktion auf einem Territorium, das sich in letzter Zeit zu einem Notstandsgebiet auswächst!

Die AA-Räume dagegen sehen wie ein Zombie aus. Ich nenne das, Staatsgoogler aufgepasst, Reverse Gentrification. Es läuft Dubstep, zu dem zwei Mädchen, passend zur Gegend, tanzen wie in der Dorfdisco. Angeblich werden AA von der Galerie nebenan gesponsert, die wiederum Christie’s gehört, die vermutlich längst der Herr des Universums, Tom „Bambi“ Cruise, gekauft hat, nachdem er, die Seele Stauffenbergs scientologisierend, Deutschland gerettet hat.

Im Tape gibt es auch eine Eröffnung. Beim Reingehen kommt uns ein Brite entgegen. Der sagt zu seiner blonden Begleiterin Worte, die uns zum Heidestraßenmotto werden: „No, no, no! We would never ever want that!“ Drinnen aber sind lauter vernünftige Menschen, die sich mit der Kolonie Wedding und der Reisepolitik der Sammler auskennen, die nur in Tegel landen, damit sie schnell bei Baudach sind. Außerdem Personal von Jablonka, das sich über die 20 Millionen freut, die Mike Kelley letztens eingefahren hat. Die Musik kommt von DJs aus dem Basso, manche der Tänzer auch, die haben dieselben Frisuren wie ich. Es knallt ordentlich. Euphorisiert denken wir ans E-Werk und schwitzen wie verrückt. Bleibt nur eine Frage offen: Wann dreht hier endlich mal einer die Heizung aus? ULRICH GUTMAIR