Lager ohne Aussiedler
: Keine Träne für Friedland

Wenn das Aussiedlerlager Friedland seine Tore schließen müsste, wäre das einzig bedauerliche daran, dass dies eine weitere Abschottungstendenz des reichen Europa spiegelt: Die Neuankömmlinge aus dem Osten waren uns einerseits aus deutschtümelnder Solidarität willkommen, andererseits als Kronzeugen für das Versagen der sozialistischen Staaten. Seit jene selbst zu „uns“ übergelaufen sind, hat das Interesse an ihren Dissidenten deutlich nachgelassen. Seit klar ist, dass auch ein deutscher Nachname nicht vor Integrationsproblemen schützt, hat sich die deutsche Politik diskret bemüht, die Brüder und Schwestern in Kasachstan oder Sibirien zu belassen. Spätestens seit der Spracherwerb nicht mehr in Friedland stattfinden darf, sondern vorher abzuleisten ist, versiegt der Zustrom zusehends.

KOMMENTAR VON JAN KAHLCKE

Was also tun mit Friedland? Soll man das Lager umfunktionieren in ein Durchgangslager, in dem Ankömmlinge jeder Herkunft für Deutschland fit gemacht werden, analog zu den israelischen Ulpans? Dazu bräuchte es erst einmal eine aktive Einwanderungspolitik, von der Deutschland weit entfernt ist.

Friedland gehört in die Mottenkiste des kalten Krieges. Heute müsste klar sein: Integration funktioniert umso besser, je unmittelbarer man mit der Mehrheitsgesellschaft in Berührung kommt. Separation war gestern.

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