berliner szenen Backe, backe Kuchen

Klinsi und Wilhelm Busch

Ich bin gespannt, welch grandiose Erkenntnis mich morgen beim samstäglichen Markteinkauf auf dem Boxhagener Platz ereilt. Der vergangene Samstag kam einer Erleuchtung gleich. Auf den Titelseiten aller Zeitungen war riesengroß das Gesicht von Klinsmann. Als hätten wir über Nacht wieder einen Kanzler bekommen. Doch es ging um Fußball, einen Sport, über den ich wenig weiß. Die Schlagzeilen, die Sondersendungen im Fernsehen, hatte ich irgendwas nicht mitbekommen, so dass ich die Dimension des Vorgangs nicht verstand? Das fragte ich mich vor dem Zeitungsstand. „Spinnen die?“, sagte ich zu dem Zeitungsverkäufer, einem gemütlich aussehenden älteren Mann. „Das ist doch nur ein Trainerwechsel, oder?“ „Interessieren Sie sich dafür?“, fragte er. „Nein“, sagte ich. „Ich schreibe und finde es interessant, wie groß das gebracht wird.“ Der Mann strahlte. „Sie schreiben? Ich auch!“ Zack, zog er drei kleine Heftchen hervor. „Das ist Prosa. Aber ich übersetze auch Wilhelm Busch!“

„Der Alpha-Schwabe“ hatte mich fest im Blick. Nun schwirrte mir Wilhelm Busch dazu im Kopf herum. Da war doch was. Klinsmann hat bei seinem Vater eine Lehre als Bäcker gemacht. Und Busch hat den Meister Bäcker gemalt. Der Zeitungsverkäufer platzte in meine Gedanken. „Ich fände es toll, wenn wir uns mal austauschen. Haben Sie Stift und Zettel?“ Hatte ich. Er notierte seinen Namen, Adresse und Telefonnummer. „Kann ich auch Ihre Nummer haben?“ Ich musste an Max und Moritz und Meister Bäcker denken. Vergnügt schrieb ich meine Nummer auf. Der Zeitungsverkäufer hatte mir geholfen, die Aufregung um einen Trainerwechsel zu verstehen: „Eins, zwei, drei! – Eh’ man’s gedacht, sind zwei Brote draus gemacht.“ BARBARA BOLLWAHN