Islamschmähung läuft ins Leere

Bei den Kommunalwahlen im österreichischen Graz bleibt die Rechtspartei FPÖ hinter den Prognosen zurück. Eigentliche Sieger sind Konservative und Grüne

WIEN taz ■ Geiferndes Islam-Bashing lohnt sich politisch nicht. Diese Erfahrung musste die fremdenfeindliche FPÖ am Sonntag bei den Kommunalwahlen in Graz, der zweitgrößten Stadt Österreichs, machen. Zwar konnte die FPÖ von 8 auf 11 Prozent zulegen, doch blieb sie hinter den prognostizierten 15 Prozent zurück.

Die religiöse Hetze der FPÖ-Spitzenkandidatin Susanne Winter hatte dem Wahlgang überregionale Aufmerksamkeit verschafft. Winter hatte vor einem „islamischen Einwanderungs-Tsunami über Graz“ gewarnt und den Propheten Mohammed als einen epileptischen Kinderschänder dargestellt. Die FPÖ blieb nicht nur hinter den Grünen, sondern auch hinter den Kommunisten zurück – als fünftstärkste Kraft. Demoskopen vermuten, die Mohammed-Beschimpfungen hätten potenzielle Wähler eher verschreckt.

Die eigentlichen Wahlsieger sind Konservative und Grüne. Lokale Medien sprachen von einem „schwarz-grünen Erdrutsch mit sehr starken grünen Akzenten“. Dass Bürgermeister Siegfried Nagl seinen Posten behalten würde, war keine Überraschung. Dass seine ÖVP aber von 36 auf 37,5 Prozent nach dem großen Wahlsieg 2003 erneut zulegte, hatte keiner erwartet.

Noch beeindruckender ist das Ergebnis der Grünen, die mit kommunalen Verkehrsproblemen die Sorgen vieler ansprachen und schon lange vor der Vergiftung des politischen Klimas gewarnt hatten: Sie konnten ihren Anteil fast verdoppeln und wurden mit 14,6 Prozent der Stimmen drittstärkste Kraft.

Die Partei des ehemaligen FPÖ-Chefs Jörg Haider, das Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ), war zum ersten Mal in Graz zur Wahl angetreten: Mit Law-and-Order-Parolen schaffte das BZÖ mit 4,5 Prozent den Einzug in den Gemeinderat. Die KPÖ verlor fast die Hälfte ihrer Stimmenanteile (20,8 Prozent) von 2003, erreichte aber mit 11,4 Prozent immer noch das zweitbeste Ergebnis ihrer Geschichte.

Landesrat Ernst Kaltenegger, der die Partei in Graz mit besonderem Einsatz für die Mieterrechte und die Erhaltung der Gemeindewohnungen groß gemacht hat, zeigte sich nicht unzufrieden. „Das letzte Mal war eine außergewöhnliche Situation“, sagte Kaltenegger. „Es war uns bewusst, dass sich das nicht so einfach wiederholen lässt.“

Die eigentlichen Verlierer sind aber die Sozialdemokraten, die vom bisherigen Tiefstand von 26 Prozent weiter auf 19,9 Prozent absackten. Spitzenkandidat Walter Ferk erklärte noch am Wahlabend seinen Rücktritt. Seine Partei hatte die steirische Metropole 18 Jahre regiert, bevor sie vor fünf Jahren hinter die ÖVP zurückfiel. Sowohl im 56-sitzigen Gemeinderat als auch im 9-köpfigen Stadtsenat wird die ÖVP einen Partner brauchen. Siegfried Nagl hatte im Wahlkampf mit den Grünen kokettiert. Die Grünen-Frontfrau Lisa Rücker will verhandeln, obwohl sie im Wahlkampf ablehnend auf die ÖVP-Angebote reagiert hatte. Ein erfolgreiches schwarz-grünes Arbeitsübereinkommen gibt es seit drei Jahren im Land Oberösterreich. Auf Stadtebene wäre das ein Novum. RALF LEONHARD