hauptbahnhof
: Silberlinge gegen die Baukultur

Der Architekt Meinhard von Gerkan und Bahnchef Hartmut Mehdorn haben das Kriegsbeil begraben. Auf den ersten Blick ist das mehr als vernünftig angesichts der Dimensionen des Streits. Es geht um Millionen, stressige Gerichtstermine, gigantische Umbauten und die Frage der Haftung für die Schäden am Hauptbahnhof. Niemand mag gern mit einem Dickkopf wie Mehdorn im Clinch liegen. Also ist business as usual das Beste, wird sich von Gerkan gedacht haben und willigte in den Vergleich ein, der ihm und seiner Stiftung ein sattes Sümmchen beschert. Und Ruhe vor dem Polterkopf der Bahn AG.

KOMMENTAR VON ROLF LAUTENSCHLÄGER

Bei genauerer Betrachtung verwundert von Gerkans Rückzieher doch. War es nicht von Gerkan, der Mehdorn als „Banausen“ beschimpfte, als dieser ihm das Glasdach seiner „Bahnhofskathedrale“ kürzte? War es nicht von Gerkan, der den Bahnvorstand massiv anging, weil dieser die Kuppeldecke des Bahnhofs vermasselte? Und war es nicht der Architekt, der die Bahn mit Klagen überzog, weil er nach seinem Rauswurf sein Urheberrecht verletzt sah? Das soll jetzt alles vergeben und vergessen sein?

Wer’s glaubt, wird selig. Denn der Hamburger Stararchitekt ist viel zu sehr ein Egomane, als dass er jetzt klein beigegeben hätte. Er hat sich die Sache nur was kosten lassen. Wie viel, sagt er nicht.

Doch was sind die Silberlinge wert? Den Schaden, den die Baukultur genommen hat, wetzt der Deal nicht aus. Denn wenn zuletzt nur mit Geld das Verhältnis zwischen Bauherr und Architekt bereinigt wird, werden alle Ansprüche zu nichts. Und schließlich bleibt ein Bauwerk zurück, das unfertig ist. Die baulichen Mängel haben Bestand. Ist das nicht ärgerlich, Herr Architekt?

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