Am Millerntor droht Bier-Boykott

Der FC St. Pauli hält an seinem Plan fest, als Zahlungsmittel im Millerntor-Stadion den „Millern Taler“ einzuführen. Viele Fans bringt das auf die Barrikaden: In einem offenen Brief drohen sie dem Verein nun mit Konsum-Boykott

Der FC St. Pauli wird eigentlich ganz gerne in einem Atemzug mit dem FC Bayern München genannt. Als Gegenmodell, meistens. Weniger attraktiv finden es die St. Pauli-Fans, wenn die Bayern als Vorbild dienen sollen. Und richtig schwierig wird es, wenn sich die Vorbildfunktion um den Umgang mit Geld dreht.

Konkret geht es um den „Millern Taler“, den der Verein im eigenen Stadion am Millerntor einführen will, um den Verkauf an den Ständen zu beschleunigen. Die Idee: Die Fans tauschen Euros gegen Millern Taler um, die dem Gegenwert eines Bieres oder einer Bratwurst entsprechen. So braucht man kein Wechselgeld mehr und spart Zeit, dachte sich die Klubführung – ganz so wie beim FC Bayern, wo im Stadion fast nur noch mit der „Arena-Card“ bezahlt wird.

Etliche St. Pauli-Fans organisierten daraufhin breiten Protest – und erreichten, dass der Verein ein Stück zurückruderte: Neben dem Millern Taler soll im Stadion auch weiterhin mit Euro gezahlt werden können. Eingeführt werden solle die eigene Währung aber trotzdem. Und das bringt dem FC nun weiter Gegenwind ein: Am Montag legte die Fanszene einen offenen Protestbrief vor. „Wir gehen von einer schleichenden Einführung aus, die die Abschaffung des Euro am Millerntor zum Ziel hat“, schreiben die Fans, die sich in der Gruppe „Eure Taler sind nicht unser Bier“ zusammengetan haben. Bleibt der Verein beim Millern Taler, wollen die Protestler zu einem Konsum-Boykott im Stadion aufrufen. Unterzeichnet haben das Schreiben immerhin 129 Fanorganisationen.

Die Fans sehen keinerlei Vorteil durch die Einführung einer Stadion-Währung. Sie gehen vielmehr davon aus, dass Restbeträge aufgrund langer Schlangen nicht zurück getauscht würden und dadurch so „ein Profit erzielt wird, ohne dass der Stadionbesucher eine Gegenleistung erhält“. Außerdem sehen die Fans in der Währung einen Versuch, „das Erlebnis Millerntor mit zweifelhaften Marketingspielereien zu verknüpfen“. Der Millern Taler trifft einen wunden Punkt: Die Fans sorgen sich um einen möglichen Verkauf des Stadionnamens an Sponsoren. Auch missfiel vielen, wie die Online-Zocker von „Pokerroom“ im Mittelkreis Werbung machen durften.

Vereinssprecher Christian Bönig sagt, er könne die Fans „verstehen und auch nicht verstehen“: Nachvollziehen könne er die Bedenken bei einer Abschaffung des Euro, nicht allerdings, was die Fans am Millern Taler zu beanstanden haben. An dessen Einführung wolle der Verein festhalten, so Bönig. Aber auch mit Bargeld könne eben „bis auf Weiteres weiter gezahlt werden“.KLAUS IRLER