Hessen macht ratlos

Wenn Bremer Politiker auf die „hessischen Verhältnisse“ gucken, fällt ihnen auch keine politische Lösung ein. Das Volk hat gewählt – und nur die Linkspartei ist glücklich: Es traf einen alten Schul-Feind

Von KLAUS WOLSCHNER

Schon damals waren die beiden so etwas wie Feinde: Roland Koch, der brave Sohn aus gutem CDU-Hause, und Peter Erlanson – damals begeisterter Anhänger der Rätedemokratie. „Der war auf derselben Schule wie ich“, sagt Erlanson, Fraktionschef der Linkspartei in Bremen. Aber Mitleid hat er nicht mit dem hessischen Ministerpräsidenten. Bei der Wahl zum Schulsprecher, erinnert sich Erlanson, fiel er durch – weil die Jusos an der Schule ihn nicht unterstützten.

Nun hat der Erfolg der Linkspartei Kochs schwarz-gelbe Mehrheit in Hessen vermasselt. „Das war unser Wahlziel“, sagt Klaus-Rainer Rupp von der Bremer Linkspartei zufrieden. Koch ist abgewählt.

Und was kommt danach? Kann es sein, dass die SPD in eine große Koalition getrieben wird, weil die Linkspartei nicht zu einer verlässlichen Zusammenarbeit bereit ist? Rupp kennt den hessischen Spitzenkandidaten Willi van Ooyen seit Jahren. „Ein politisch erfahrener, verlässlicher Mann“, sagt Rupp. Das „strikte Nein“ zu Gesprächen sei immer von der SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti gekommen – nicht vom „Willi“.

Peter Erlanson: „Wenn die SPD es ernst meint mit der Politik sozialer Gerechtigkeit, muss sie mit uns wenigstens mal reden.“ Immerhin habe Ypsilanti von Anfang die Hartz IV-Politik kritisiert. Die SPD müsse begreifen, „dass die Linke im Westen angekommen ist“, könne nicht länger von der Hoffnung leben, „dass wir nicht existieren“.

Insbesondere in Hessen sei der Erfolg bemerkenswert, wo SPD und CDU sich ein Kopf-an Kopf-Rennen lieferten und die Wahlbeteiligung hoch war, sagt Rupp. „Die haben uns nicht nur aus Protest gewählt.“

Bei der Bremer SPD hat die Linke mit solchen Argumenten keine Chance. Für Bremens Bürgermeister Jens Böhrnsen bleibt die Linkspartei ein „zusammengewürfelter Haufen“. Für die Lage der hessischen GenossInnen, die wählen müssen zwischen einer großen und einer rot-rot-grünen Koalition, hat er keinen guten Rat – vor allem nicht vor der Wahl im Hamburg am 24. Februar. „Man muss den Wählern im Hamburg sagen: Wer die Linke in einer solchen Situation wählt und ihnen ins Parlament verhilft, der verhindert möglicherweise ungewollt den Machtwechsel. Der wird zum Steigbügelhalter derer, die er eigentlich nicht will.“ Und nach der Wahl in Hamburg? Böhrnsen winkt ab: „Wir sind noch vor der Wahl.“ Seine Hoffnung ist immer noch, dass die Linkspartei in Hamburg keine Rolle spielen wird.

Die Bremer CDU will sich zu der Lage ihrer Schwesterpartei nicht äußern, bevor die Hessen sich nicht festgelegt haben. Für einen CDU-Mann, der frei ist, selbständig zu denken, ist die Sache einigermaßen klar. „Die hessische CDU muss doch jetzt versuchen, eine regierungsfähige Koalition hinzukriegen, und das geht nur mit der SPD, so schwer es einem fallen wird“, sagt ex-Senator Jens Eckhoff. Mit oder ohne Roland Koch, also ohne.

Bei CDU-Fraktionschef Thomas Röwekamp, der nie ein böses Wort über den Koch-Wahlkampf gesagt hat, sieht Eckhoff keinen politischen Korrekturbedarf: „Ich habe bei Thomas Röwekamp sehr wohl in den letzten Monaten einen etwas anderen Zungenschlag zur Kenntnis genommen. Wir müssen immer berücksichtigen, dass es in Bremen eine besonders liberale Grundeinstellung gibt und dass man hier bei Wahlen mit innenpolitischen Themen nicht gewinnen kann“, lautet Eckhoffs Rat.