uraufführung
: Künstler. Ein Stück

Dorst benötigt ganze 88 „Suhrkamp“-Seiten, um die Geschichte Heinrich Vogelers und seiner KünstlerfreundInnen zu erzählen. In diese 22 zum Teil sehr kurzen Episoden ist viel hinein komprimiert: Die schwärmerische Aufbruchstimmung der Worpsweder Künstlerkolonisten ebenso wie ihre extreme Unterschiedlichkeit. Paula [Modersohn-Becker] enthusiasmiert sich, Fritz [Mackensen] prahlt, Otto [Modersohn] schweigt und malt. Birken und eine Wolke. Letztere gibt der ersten Szene ihren Namen.

[Ludwig] Roselius ist der einzige Nachnamensträger in Dorsts Personen-Panoptikum. Der Mäzen befreit Vogeler aus der Osterholzer Irrenanstalt, in der er wegen Majestätsbeleidigung saß – und erntet von diesem eine Abfuhr: „Keine Dekoration mehr für die bürgerliche Lebenskulisse!“

Einem kurzen Schlaglicht, in dem Mackensen Vogelers Barkenhoff, auf dem jetzt 35 Arbeiterkinder untergebracht sind, als Zentrum kommunistischer Umtriebe bei der Polizei denunziert, folgt eine Schlüsselszene: Die mittlerweile unversöhnlichen Lebensauffassungen der Worpsweder prallen aufeinander. „Noch eine Landschaft und noch und noch eine und merkst gar nicht, wie sich der Planet gewaltig herumwälzt [...] Otto, unbeirrt: Ich habe heute zwei Blätter gezeichnet. Kreide.“

Ab Szene 14 setzt sich das Künstlerdrama in der Sowjetunion fort. Vogeler streitet, resigniert, wird aufs Land verbannt, schreibt. „Der Bleistift ist bald aufgebraucht. So stirbt er.“ HB