Ortstermin: Die „Come Together“ Party der Film- und Fernsehbranche
: „Und wer sind Sie?“

In der Reihe „Ortstermin“ besuchen AutorInnen der taz nord ausgewählte Schauplätze am Rande des Nachrichtenstroms

„Nein“, mailt Freund H. zurück, „ich komme nicht mit. Freitag fahre ich schon um sechs Uhr früh weg. Aber die Schnittchen bei der Veranstaltungen sind bestimmt allererste Sahne. Und nebenbei bekommt man bei der Hanse Merkur wahrscheinlich auch noch eine Lebensversicherung gereicht.“

Das Gebäude der Hanse Merkur Versicherung, klar. Das passt nicht recht als Veranstaltungsort für die „Come Together Party der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein. Weil es bei dieser Party im besten Fall um Kunst geht, und die kann vieles brauchen, aber eines nicht: Sicherheit.

Nun ist das Atrium der Hanse Merkur-Niederlassung in Hamburg der überdachte Innenhof eines Ensembles aus beeindruckend hohen und modernen Bürogebäuden. Eine der Fassaden allerdings sieht aus wie ein Altbau, mit holzgerahmten Fenstern und einem Tor statt einer Tür. Das wirkt wie ein Stück Kulisse in einem durchweg auf Glamour gestylten Ambiente. Die Versicherung sagt damit, dass sie gerne wäre wie das Hollywood-Kino, nämlich „Larger than life“, größer als das Leben. Aber was will der deutsche Film hier, zumal der von der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein geförderte? Glamour. Und wenn es der einer Versicherung ist.

Es ist die erste gemeinsame „Come Together“-Party der beiden Filmförderungen von Hamburg und Schleswig-Holstein, die im Juli 2007 zur Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein fusioniert sind. Die Filmförderung ist dazu da, Kino- und Fernsehproduktionen aller Genres zu unterstützen. Entscheidend sind dabei die Qualität des Projekts sowie der Bezug zu Hamburg und/oder Schleswig-Holstein. 8,3 Millionen Euro im Jahr hat die Einrichtung zu vergeben, der Großteil davon kommt von der Stadt Hamburg: 5,5 Millionen.

Auf den Absätzen der Treppe, die im Atrium bis ganz nach oben geht, stehen Scheinwerfer, außerdem kommt das Licht von Stahlträgern, wie sie bei Rockkonzerten verwendet werden. Grün, blau, rot, lila, alles dezentral, dezent, kombiniert mit Topfpflanzen und Ledersesseln. Es gibt Buffet und eine Cocktailbar.

Rund 800 Vertreter der Film- und Fernsehbranche seien an diesem Abend gekommen, sagen die Veranstalter. Sie alle bekommen ein Namensschild zum Anheften, weil es darum geht, sich zu erkennen und gemeinsame Projekte anzuschieben. Kontakte zu machen bei Fingerfood und Cocktails. Es gibt einen Auszug aus der Gästeliste mit den prominentesten der Promis, und wenn man die durchliest, hat man schnell das Problem, dass man kaum jemanden auf dieser Liste kennt. Peter Lohmeyer und Nina Hoger und vielleicht noch Hamburgs Kultursenatorin Karin von Welck. Und natürlich den omnipräsenten Fatih Akin, der für den Filmstandort Hamburg langsam so etwas wird, wie Uwe Seeler für den HSV. Vergangenen Mittwoch erst hat Ole von Beust, CDU-Bürgermeister im Wahlkampf, Akins Produktionsfirma zu einem von drei „Kreativbotschaftern“ der Hansestadt ernannt.

Vielleicht sieht Akin deshalb so unglücklich aus, als er sich schnell grüßend durch das schweinwerferbeleuchtete Atrium bewegt, in Jeans statt im Anzug, die Jacke schon wieder in der Hand. Aber immerhin: Man erkennt ihn. Und genau das ist den allermeisten anwesenden Schauspielern nicht vergönnt: „Was, du erkennst mich nicht, obwohl du mich schon spielen gesehen hast?“, sagt da eine Schauspielerin zu einem Journalisten. „Soll ich das jetzt als Kompliment verstehen für meine enorme Wandlungskraft oder soll ich mir Sorgen machen um meinen Bekanntheitsgrad?“

Keine Sorgen, nein, wie soll man auch die Gesichter erkennen, wenn man die ganze Zeit nur auf Namensschilder starrt. Die Schauspieler haben Komplimente verdient, weil sie es sind, die den Kopf hinhalten. Und weil die Wandlungsfähigen unter ihnen irgendwann das Namensschild abnehmen – und die Tanzfläche eröffnen. Klaus Irler