die steile these
: Tom Cruise, wer sonst?

Ausgerechnet das gutbürgerliche ZDF verfilmt die Lebensgeschichte der 68er-Ikone Rudi Dutschke. Spielen kann ihn aber natürlich nur einer. Aber darf der das? Er muss!

Knapp vorweg, für unsere nachgeborenen Leser: Rudi Dutschke, das war der führende Kopf der Außerparlamentarischen Opposition (APO) und eine der bekanntesten Persönlichkeiten der 68er-Bewegung. Am 11. April 1968 feuerte der Hilfsarbeiter Josef Bachmann, aufgewiegelt von der Springer-Presse, drei Schüsse auf Dutschke ab. Schwer verletzt überlebte er das Attentat, 1979 starb Dutschke dann schließlich an den Spätfolgen.

Umso entzückender, dass sich nun ausgerechnet ein so erzbürgerlicher Schnarchsender wie das ZDF an die Verfilmung „entscheidender Stationen“ seines Lebens macht. Grundlage für das Projekt von Drehbuchautor Daniel Nocke und Regisseur Stefan Krohmer ist die Biografie von Dutschkes Gattin Gretchen, die auch als Beraterin engagiert werden konnte. Klingt also, als wäre die Sache in ganz guten Händen. Offen bleibt allerdings eine entscheidende Frage. Dass Josef Bachmann mit Martin Semmelrogge ideal besetzt wäre, liegt auf der Hand – wer aber spielt die Ikone Rudi Dutschke?

Es könnten, wie schon bei der Dylan-Filmbiografie „I’m Not There“, mehrere Kandidaten in Frage kommen. Florian Lukas als der junge Dutschke. Lena Odenthal als der gaaanz späte Dutschke. Und, natürlich, Tom Cruise als der Dutschke. Wobei sich natürlich die heikle Frage stellt, ob ein durchgeknallter Scientologe eine so wichtige deutsche Persönlichkeit überhaupt spielen darf. Zum Glück hat Frank Schirrmacher diese Frage in seiner FAZ schon beantwortet, und zwar sinngemäß genau so: „Nicht der Schauspieler Tom Cruise ist das Problem; das Problem ist, dass wir Dutschke selbst zum puren Darsteller einer Mission machen. Doch nun, nach mehr als 40 Jahren, behandeln wir ihn, als sei er, der historische Dutschke, selbst nur der Schauspieler einer historischen Rolle, der ‚Rädelsführer‘, der ‚langhaarige Bombenleger‘, eine Art Text- und Rollenaufsagegerät. Der wahre Dutschke dürfte heute Dutschke nicht spielen aus ideologischen und gesinnungsethischen Gründen. Man will einen Mann ohne Hintergründe, ohne Irrationalitäten, ohne Erdenrest. Wer weiß, vielleicht gibt Tom Cruise uns den zurück?“ FRA