Böhrnsen steht zu umstrittenem Richter

Bürgermeister hält am Kandidaten für das Bundesverfassungsgericht fest, auch wenn er dessen Positionen nicht teilt

Wenn der Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichtes Winfried Hassemer demnächst ausscheidet, muss der Bundesrat einen Nachfolger bestimmen. Die SPD hat das Vorschlagsrecht – und zuständig für die Auswahl ist Bremens Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD). Doch sein Vorschlag – der Würzburger Hochschullehrer Horst Dreier – stößt nach wie vor auf heftige Kritik. Böhrnsen hält weiter ihm fest.

Dreier gilt als renommierter Jurist, der allerdings in zwei brisanten Rechtsfragen von sich reden machte: Er schließt in dem von ihm herausgegebenen Grundgesetz-Kommentar nicht völlig aus, dass ein Verbrecher gefoltert werden dürfte, um das Leben des Opfers zu retten. Zudem hatte Dreier als Mitglied des nationalen Ethikrates dafür plädiert, die Verwendung embryonaler Stammzellen nach Einzelfallprüfung zur Behandlung von Krankheiten zu erlauben.

Kritik an Böhrnsens Kandidat kam gestern auch von den Bremer Grünen. So sagte deren Landesvorsitzender André Heinemann: „Wir können und werden nicht zulassen, dass Folter nach und nach akzeptiert wird“. Böhrnsen reagierte umgehend: Die Grünen-Vorwürfe seien „völlig haltlos“, Dreier ein „herausragender Jurist“, der an keiner Stelle das Folterverbot relativiert habe. Mit seinem Länderpartner auf CDU-Seite, Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger, hat er jetzt verabredet, nochmal „konstruktiv“ über die Sache zu reden. Dreier, so Böhrnsen, sei von „unbestechlicher Qualität“. Es sei normal, wenn ein Jurist auch mal eine diskussionswürdige Position vertrete.

In der Sache, deutete Jurist Böhrnsen an, sei er anderer Auffassung als Dreier: Die Menschenwürde verbiete seiner Ansicht nach „jegliche Abwägung“ mit anderen Zwecken. Und auch in der bioethischen Diskussion ist Böhrnsen nicht einig mit Dreier. „Aber der Diskurs muss erlaubt sein und ist notwendig“, sagt Böhrnsen. Für die CDU hat unterdessen ihr rechtspolitischer Sprecher im Bundestag, Jürgen Gehb, erklärt, Dreiers Ansichten zur Menschenwürde und Bioethik halte er „persönlich für gut vertretbar“. kawe