Die soziale Schere öffnet sich

Der Nachhaltigkeits-Index des Zukunftsrats Hamburg verheißt nichts Gutes. Die Defizite im Sozialen sind erneut gewachsen, und in der Ökologie sind keine Fortschritte zu erkennen. Und: 2090 ist Hamburg zugebaut

Nachhaltig sind in Hamburg nur die Rückgänge bei der Mortalitätsrate und im Wasserverbrauch. Bei allen anderen Indikatoren jedoch „steht die Ampel auf Rot oder zumindest Gelb“, sagt Jochen Menzel, Sprecher des Zukunftsrats Hamburg. Er präsentierte gestern zum vierten Mal den vom Rat entwickelten Hamburger Entwicklungsindikator Zukunftsfähigkeit (HEINZ).

„Trotz einer Steigerung des Bruttoinlandsprodukts haben sich die sozialen Probleme der Stadt weiter verschärft“, weisen Menzel und seine Co-Autorin Claudia Takla-Zehrfeld nach. Mehr BezieherInnen von Sozialleistungen, ein weiterhin zu hoher Anteil von SchulabbrecherInnen oder die sich weiter öffnende Schere zwischen armen und reiche Stadtteilen weisen auf enorme Defizite hin „bei den Angeboten für die sozialen, Bildungs- und Lebensqualitäts-Bedürfnisse der Menschen“. So gebe es in den zehn Vierteln mit der höchsten Arbeitslosigkeit etwa fünfmal mehr Arbeitslose als in den zehn mit der niedrigsten Arbeitslosigkeit. Beim Anteil der Sozialhilfeempfänger liegt das Verhältnis bei etwa 1:17. „Wir leben in einer Stadt, die reich ist und in der es erschreckend viele Arme gibt“, sagt Menzel.

Im Zukunftsrat sind mehr als 100 Institutionen, Vereine und Unternehmen vertreten. Die Spanne reicht vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), über Hagenbecks Tierpark bis zur Drogeriekette Budnikowski und der Handwerkskammer. Ihm geht es darum, Hamburg so zu entwickeln, dass künftige Generationen nicht schlechter leben können als die heutige. Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft sollen gleichermaßen verbessert und entwickelt werden.

Alarmierend sind auch die Feststellungen zum Klimaschutz: Die aktuellsten Zahlen für das Jahr 2005 weisen Kohlendioxid-Emissionen pro Kopf in Höhe von 10,3 Tonnen aus. Bis spätestens 2012 müssten sie bei sechs Tonnen liegen, als klimaverträglich gilt eine Tonne. Auch der Flächenfraß geht weiter. Eine Fläche von rund 80 Fußballfeldern werde jährlich in Hamburg bebaut. Wenn das nicht gestoppt werde, hat Menzel errechnet, „ist in 83 Jahren alles dicht“: 2090 würde Hamburg nur noch aus Elbe, Alster, Gebäuden und Straßen bestehen. SVEN-MICHAEL VEIT