„Viel hängt vom Handwerker ab“

Effiziente Wärmedämmung wird wegen des Klimawandels immer wichtiger, birgt aber auch Risiken, wenn von innen Feuchtigkeit in die Dämmung dringt. Energieberater Thilo Blumenbach rät deshalb zu einer Analyse der Luftdichtigkeit

TILO BLUMENBACH, 42, Architekt und Energieberater, leitet seit 2005 das Büro des Verbandes Privater Bauherren in Hannover.

INTERVIEW PETRA SCHELLEN

taz: Herr Blumenbach, wieso sollen plötzlich alle Eigenheimbesitzer einen Blower-Door-Test machen? Ist das ein neuer Marketing-Gag?

Tilo Blumenbach: Den Test gibt es schon lange. Aber er gewinnt an Bedeutung, weil mit der besseren Dämmung der Häuser deren Luftdichtigkeit wichtiger wird. Eine hoch gedämmte Hauswand ist empfindlicher als eine, durch die Luft durchpfeift.

„Empfindlicher“ gegen was meinen Sie?

Störanfälliger, besonders, wenn das Dämmungsmaterial mit Feuchtigkeit in Berührung kommt. Zum Beispiel, wenn Luftfeuchtigkeit, wie sie in Wohnungen durch Atmung, Kochen, Duschen immer existiert, in die Dämmebene hineinzieht.

Das heißt?

Aufgrund des Temperaturunterschieds entsteht Dampfdiffusionsdruck von innen nach außen. Bei nicht so stark gedämmten Wänden, wie man sie früher gebaut hat, ist dieser Effekt nicht ganz so groß. Bei einer hoch gedämmten Wand fällt er aber ins Gewicht, weil sich die Oberflächentemperaturen außen und innen stärker unterscheiden. Nun kommt es darauf an, dass die Dämmung auf der Innenraumseite durch eine Dampfsperre vor der Feuchtigkeit geschützt wird. Die Herstellung dieser Dampfsperre ist handwerklich äußerst anspruchsvoll. Selbst kleinste Undichtigkeiten können zu Tauwasser in der Dämmebene und damit zu Schimmel führen.

Wie funktioniert also der Blower-Door-Test?

Man schließt das Haus luftdicht ab: Fenster und Türen, Dunstabzugshauben und andere Öffnungen werden geschlossen oder abgeklebt. Dann setzt man das Haus mit Hilfe eines Ventilators, der in einen Türrahmen eingepasst wird, unter Druck. Das Verhältnis zwischen der Energie die der Ventilator aufbringen muss, um einen bestimmten Druck aufzubauen, und dem Gebäudevolumen zeigt an,ob die Luftdichtheit den Vorgaben des entsprechenden Normenwerks entspricht. Wird der geforderte Wert eingehalten, weiß man aber noch nicht, wo sich die Undichtigkeiten befinden und ob sie nicht trotzdem Bauschäden verursachen können.

Wo entweicht die meiste Luft?

Am sensibelsten sind die Übergänge zwischen der Dach- und der Wandkonstruktion. Aber auch Punkte, an denen die zwischen Dachdämmung und Gipskartonverkleidung liegende Dampfbremsfolie von Kabeln oder Rohrleitungen durchdrungen wird, sind schadensträchtig.

Wie ergründen Sie, wo die Luft entweicht?

Mit Hilfe der Thermographie, die man während des Blower-Door-Tests durchführen kann. Während des Tests, der etwa zwei Stunden dauert, geht man mit der Wärmebildkamera durchs Haus und analysiert, an welcher Stelle die Bauteil-Oberfläche auskühlt. Solche Auskühlungen weisen auf Luftströme hin, die von Undichtigkeiten herrühren.

Die Thermographie ist also Teil des Blower-Door-Tests?

Nein. Man kann auch ausschließlich den Blower-Door-Test durchführen – für rund 350 Euro – und feststellen, dass Haus insgesamt die Vorgaben der Regelwerke erfüllt. Das sagt aber nichts aus über die schadhaften Stellen im einzelnen und die davon ausgehenden Bauschadensrisiken.

Dann sollte man anstelle des Blower-Door-Tests lieber gleich auf Thermographie setzen?

Thermographie allein nützt auch nichts, weil die Luftströme, die aufgespürt werden sollen, nur entsehen, wenn man das Haus unter Druck setzt. Ich halte deshalb die Koppelung beider Verfahren für sinnvoll. Die Kosten dafür liegen bei rund 800 Euro.

Wie viel Prozent der Häuser haben – Ihren Bauprüfungen zufolge – an der neuralgischen Stelle am Dach ein Leck?

Die meisten – aber hier spielen viele Faktoren eine Rolle. Die Dampfsperrfolie ist im Inneren zum Beispiel einfacher aufzubringen, wenn die Geometrie des Dachs einfach ist. Gibt es aber Erker und Gauben, ist es handwerklich schwieriger, die Folie luftdicht am Mauerwerk anzubringen, uns es gibt mehr Stellen, an denen Lecks entstehen können. Diese Arbeit muss extrem sorgfältig ausgeführt werden, und da hängt viel vom einzelnen Handwerker ab. Oft werden die Trockenbauer auf der Baustelle am schlechtesten bezahlt. Dafür tragen sie viel Verantwortung.

Verband Privater Bauherren: www.vpb.de