Architektenkammer gegen Living Bridge

Baumeister sehen in der von Hadi Teherani entworfenen spektakulären Brücke einen Fremdkörper, der nicht in die Stadtentwicklung passe. Auch wollen sie die Internet-Diskussion nicht als repräsentative Befragung aufgefasst sehen

Die Hamburgische Architektenkammer hat sich gegen den Bau einer Wohnbrücke („Living Bridge“) über die Norderelbe ausgesprochen. Wie bereits kurz berichtet, kam die Standesvertretung „nach eingehender Beschäftigung mit dem Projekt zu einer eindeutig negativen Beurteilung“. Sie schlug vor, alternativ eine schlichte Verkehrsbrücke über die Elbe zu planen. Das Internet-Forum zur Living-Bridge bereichere zwar die Diskussion. Wegen seines beschränkten Teilnehmerkreises dürften daraus aber keine repräsentativen Meinungsbilder abgeleitet werden.

Die Living Bridge ist ein Vorschlag des Investors Dieter Becken und des Architekten Hadi Teherani. Gemeinsam haben sie bereits den Berliner Bogen und das Doppel-X-Haus in der City-Süd gebaut. Beiden schwebt eine doppelstöckige Brücke vor, die in Verlängerung des künftigen Lohseparks von der Hafencity aus diagonal die Elbe überspannen würde. Das südliche Ende der Brücke läge auf dem Kleinen Grasbrook. Auf der unteren Ebene der Brücke lägen eine Fahrbahn und Parkplätze, auf der oberen stünden zwei Reihen Häuser – oben Wohnungen, im Erdgeschoss Geschäfte. Dazwischen verliefe ein Boulevard.

Teherani und Becken werben damit, dass sie der Stadt eine für den Sprung über die Elbe ohnehin notwendige Brücke im Tausch gegen die Grundstücke bauen würden, auf denen die Brücke aufliegt. Hier wollen die beiden zusätzlich Bürogebäude errichten. Das Projekt erfülle alle Kriterien für eine erfolgreiche Immobilie, versicherte Becken. Zusammen mit der geplanten Bebauung des Kleinen Grasbrook lasse die Brücke die Elbe zu einer neuen Alster werden – einem Stadtplatz auf dem Wasser, so Teherani.

Hier setzt die Kritik der Architektenkammer an: Die Elbe bestimme Stadtstruktur und -landschaft. „Hamburg bezieht seine Identität aus den einzigartigen amphibischen Landschaftsräumen des Elbstromtals, in denen sich von der Natur und von Menschen geprägte Areale verbinden“, heißt es in der Stellungnahme. Diese dürften nicht durch einen weitgehend geschlossenen Gebäuderiegel überbaut werden.

Die Brücke werde den hinteren Teil der Hafencity zu einer Lage minderer Güte machen, weil sie den Blick über den Strom versperre. Die Dimension der Bürogebäude und der Rampen passten ebenso wenig zur Hafencity wie die Lage der Brücke. Sie würde zusammen mit dem Lohsepark eine Achse schaffen, die an beiden Enden ins Leere führe – auch, weil eine Bebauung des Kleinen Grasbrook auf Jahre hinaus eine bloße Vision sei.

Die Architekten halten die geplante Einzelhandelsfläche mit 17.000 Quadratmetern für überdimensioniert. Die Europapassage in der Innenstadt bietet 29.000 Quadratmeter. Stünden die Läden leer, verkomme die Brücke mit ihren 1.000 Wohnungen zum Getto. Als weiteres Leuchtturmprojekt neben Elbphilharmonie und Science Center wäre die Brücke mehr schädlich als nützlich. KNÖ

Diskussion der Architektenkammer mit Stadtentwicklungssenator Axel Gedaschko: heute, 19 Uhr, Hafen City-Infocenter, Am Sandtorkai 30