WOCHENÜBERSICHT: LAUTSPRECHER
: Jörg Sundermeier sichtet die soziale Bewegung in der Stadt

Morgen gibt es in der Neuköllner Innstraße um 17 Uhr eine Kundgebung zur Erinnerung an Olga Benario, die vor 100 Jahren geboren und vor 66 Jahren ermordet wurde. Olga Benario, bedeutende Agentin der Komintern, wurde nach dem Zweiten Weltkrieg zur Ikone der Linken, als solche manchmal verkitscht dargestellt und ideologisch vereinnahmt. Dennoch bleibt sie mit ihrer Biografie eine bemerkenswerte Frau. Ihre in Rio de Janeiro lebende Tochter, Anita Prestes, die 1936 im Frauengefängnis Niederbarnim zur Welt kam, aber nach Brasilien gebracht werden konnte, wird ebenso sprechen wie Hans Coppi vom Berliner VVN-BdA, der gleichfalls in dem berüchtigten Frauengefängnis geboren wurde. Anschließend gibt es ein Gespräch mit beiden in der einschlägig bekannten Galerie Olga Benario. Am Abend wird im Mehringhof die bemerkenswerte Reihe „Asozial – Aktion Arbeitsscheu Reich 26. 1. 1938“ fortgesetzt: Diesmal fragt Robert Ulmer, ob es möglich ist, „legitim Parasit“ zu sein. Bekanntlich ist das ja ein Totschlagargument: Die Sozialhilfeempfänger sollen „auf Kosten der Arbeit anderer“ leben. Ist dem wirklich so? Am selben Ort im selben Rahmen wird am Freitag aus dem Leben von „Gammlern, Punks und anderem Gesindel“ berichtet. Der Autor Henryk Gericke, der Teil der Ostpunkbewegung war, und der Schriftsteller und Verleger Bernd Kramer, Neuköllner Anarchist, erzählen aus ihrem Leben, weitere Zeitzeugen sind angekündigt. Ebenfalls im Mehringhof wird am Samstag im Rahmen der Reihe über eine neue Polizeitaktik gesprochen, die da heißt: „The Poor Policing the Poor“. Die Armen werden zum Teil in Sicherheitsdienste integriert, mit Hilfe deren die Staatsmacht wiederum die Armenviertel unter Kontrolle hält. So werden Arbeitsmarkt- und Sicherheitspolitik miteinander verschränkt. Auf welche Weise? Das erklärt Volker Eick.

Olga-Benario-Kundgebung, Innstraße 24, Di., 17 Uhr

Parasit: Mehringhof, Gneisenaustr. 2a, Di., 19.30 Uhr

Gammler: Mehringhof, Gneisenaustr. 2a, Fr., 19.30 Uhr

The Poor: Mehringhof, Gneisenaustr. 2a, Sa., 19.30 Uhr