heute in bremen
: Wem gehört das Pflanzen-Knowhow?

Internationale Referenten diskutieren die Verwertung biologischer Ressourcen

taz: Ihr Workshop soll klären, wie die kommerzielle Nutzung traditioneller Heilpflanzen gerecht geregelt werden kann. Haben Sie ein konkretes Beispiel?

Gerd Winter, Professor für Umweltrecht an der Universität Bremen: Der millionenschwere Markt der Appetitzügler basiert auf Erfahrungen wie die des südafrikanischen San-Volkes, wo man vor der Jagd die Hoodia-Pflanze zu sich nimmt. Auch die Agrar- oder die Kosmetikbranche profitiert zunehmend vom Wissen lokaler Gemeinschaften.

Nicht nur die Pharma-Industrie, auch die wissenschaftliche Grundlagenforschung hat Interesse an einem freien Zugang zu pflanzlichen Gencodes. Wie sehen Sie diesen Konflikt?

Wir meinen, dass die Grundlagenforschung diesbezüglich privilegiert werden sollte.

Aber auch deren Erkenntnisse werden irgendwann kommerzialisiert.

Deswegen müssen mit den Ressourcen-Staaten Verträge geschlossen werden, in denen die begrenzte Verwendung der Erkenntnisse festgelegt wird. Wichtig ist auch, wie man den Vorteilsausgleich vor Ort organisiert. Wenn sich traditionell lebende Völker plötzlich einer modernen Marktwelt ausgesetzt sehen oder der Local Chief einfach Geld bekommt, hat das oft zerstörerische Auswirkungen. Fonds mit geregeltem Mitteleinsatz sind in der Regel die bessere Lösung.

Was ist in Norddeutschland in Bezug auf Heilpflanzen zu holen?

Ein älteres Beispiel ist die Gewinnung des in Aspirin enthaltenen Wirkstoffs aus der Weide. Man müsste in der Tat überlegen, ob die Wissensgenese durch die biologische Landwirtschaft ebenfalls honoriert werden sollte. Wenn etwa aus der Erfahrung, dass Karotten in Gesellschaft mit bestimmten Pflanzen weniger schädlingsanfällig sind, ohne Vorteilsausgleich ein Pestizidersatz gewonnen wird, hat das strukturelle Ähnlichkeit mit dem Nord-Süd-Konflikt in Sachen Bioprospektion.

Fragen: Henning Bleyl

Tagung: Heute und Samstag ab 8.30 Uhr im Uni-Gästehaus auf dem Teerhof