Im öffentlichen Dienst wird’s eng

Vor der Hamburg-Wahl: Gewerkschaftsboss und SPD-Kandidat attackiert die Privatisierungspolitik der CDU. 2.400 Beschäftigte aus Kliniken und Pflegeheimen wollen zurück in den öffentlichen Dienst

Den 1.200 Beschäftigten, die im Betrieb „Pflegen und Wohnen“ (P&W) verblieben sind, drohen nun Tarifkürzungen. Nachdem die Frist für den Rückkehr-Anspruch abgelaufen ist, gab P&W den Austritt aus dem städtischen Arbeitgeberverband bekannt, um einen verschlechterten Haustarifvertrag abzuschließen. „Die Leute fühlen sich an der Nase herumgeführt“, kritisierte P&W-Betriebsrat Rolf Biedenschritt. „Die Lohndumping-Politik des CDU-Senats durch Privatisierung und Tarifflucht hat Methode“, sagte Verdi-Chef Wolfgang Rose. Er verwies darauf, dass Tarifflucht in den Asklepios-Kliniken durch Streiks verhindert werden konnte. KVA

VON KAI VON APPEN

Sechs Tage vor der Bürgerschaftswahl in Hamburg hat am Montag der Landeschef der Gewerkschaft Verdi, Wolfgang Rose, zur Abrechnung mit dem CDU-Senat ausgeholt. „Die Privatisierungspolitik ist gescheitert“, sagt Rose mit Blick auf den Verkauf der städtischen Krankenhäuser und Pflegeheime. „Der Senat hinterlässt ein Privatisierungsfiasko.“ Rose kandidiert für die SPD auf Listenplatz elf für die Bürgerschaft.

„Die Quittung kriegen wir in dreieinhalb Jahren – oder auch nicht“, zitierte Rose gestern eine Äußerung von Bürgermeister Ole von Beust aus dem Jahr 2004 zum Verkauf des Landesbetriebs Krankenhäuser (LBK) mit seinen sieben Kliniken und 12.000 Beschäftigten. Trotz eines Volksentscheids, in dem 76,8 Prozent der Abstimmenden gegen den Verkauf der Kliniken votierten, verkaufte der CDU-Senat drei Viertel des LBK an den Asklepios-Konzern. Dasselbe passierte im vorigen Jahr mit einem Teil des städtischen Betriebs „Pflegen und Wohnen“ (P&W), dessen Altersheime an die Vitanas-Gruppe verkauft wurden.

Mittlerweile gibt es 2.400 Beschäftigte beider Betriebe, die von ihrem verbrieften Rechtsanspruch Gebrauch machen, in diesem Jahr in den öffentlichen Dienst zurückzukehren. Bislang konnte die Stadt aber nur 150 Rückkehrern ein Jobangebot unterbreiten. „Das halten wir für einen kleinen Skandal“, sagt Rose.

Die Kosten für den „Rückkehrer-Haushalt“ werden auf jährlich 90 Millionen Euro beziffert. „Die Stadt ist auf die Rückkehrer nicht vorbereitet und hält das Arbeitsplatzversprechen nicht ein“, beklagt Rose. Viele hätten das Gefühl, der Senat wolle städtische Mitarbeiter und Rückkehrer gegeneinander aufbringen. So nahm der P&W-Restbetrieb „Fördern und Wohnen“ 350 P&W-Rückkehrer auf. „Die Belegschaft hat sich auf einen Schlag verdoppelt“, sagt Betriebsrat Rolf Kirschmann von „Fördern und Wohnen“. Da in ihren Behinderten- und Flüchtlingseinrichtungen nicht alle eingesetzt werden könnten, seien 100 Beschäftigte als Wahlhelfer abgestellt und 65 bei Bezahlung von der Arbeit „freigestellt“ worden.

200 Rückkehrer sind gar als Altenpfleger an P&W „ausgeliehen“ worden – also an jenen Betrieb, dem sie wegen schlechter Arbeitsbedingungen den Rücken gekehrt hatten. Sonst hätte den P&W-Altenheimen wegen akuten Personalmangels der Kollaps gedroht. Rose: „Das ist ein Offenbarungseid der Privatisierungspolitik.“

Der Senat hält dennoch an Privatisierungen fest. So sind Pläne bekannt geworden, die Augenklinik des Uniklinikums (UKE) zu verkaufen. „Das ist ein hoch profitabler Bereich“, sagt Rose. Es sei kurzsichtig, durch Einnahmen aus dem Verkauf Defizite des UKE decken zu wollen: „Vielleicht kann man einmal ein Defizit damit abdecken – aber eben nur einmal.“ Rose fordert, Privatisierungen sofort zu stoppen, „sonst müssten die Rechnung die nächsten Generationen tragen und diese trübe Privatisierungs-Suppe auslöffeln.“