„Kein Konsens erkennbar“

Bremens SPD-Bundestagsabgeordneter Volker Kröning macht sich immer wieder unbeliebt, wenn er die Bremer Politiker an die machtpolitischen Realitäten in den Föderalismus-Verhandlungen erinnert

VOLKER KRÖNING, 62, sitzt für die Bremer SPD im Bundestag und in der Kommission für die Föderalismusreform.

Interview: Klaus Wolschner

taz: Herr Kröning, heute debattiert die Bremische Bürgerschaft über die Föderalismusreform und die Bremer Schuldenlage. Weil Sie erklärt haben, dass der Bund sich an der Entschuldung der Länder nicht beteiligen will, sind Sie von Ihrem Genossen, dem Bremer Bürgermeister Jens Böhrnsen, als vaterlandsloser Geselle bezeichnet worden. Trifft Sie das?

Volker Kröning, SPD-Bundestagsabgeordneter: Ich kenne das Zitat nicht. So etwas sagen nur gewisse Strippenzieher.

Haben Sie mit ihm in den letzten Wochen mal über das Thema gesprochen?

Wir reden regelmäßig miteinander.

Sogar die CDU hat gefordert, ein Bremer Bundestagsabgeordneter solle die Interessen Bremens vertreten und nicht erklären, der Bund zahlt nichts.

Ich habe dem Vorsitzenden der CDU-Bürgerschaftsfraktion und Bewerber um das Amt des Landesvorsitzenden schon vor längerem ein direktes Gespräch angeboten. Über die Öffentlichkeit tausche ich mich mit ihm nicht aus.

Warum ist die Stimmung so gereizt in dieser Frage?

Abgesehen von Parteipolitik: Es geht bei Teilentschuldung oder Zinshilfe um die Existenzgrundlage des Landes. Und genau genommen braucht Bremen eine andere Finanzverteilung bis 2019, dem Auslaufen des gegenwärtigen Finanzausgleichs.

Wieso die Aufregung jetzt?

Der Bundesminister der Finanzen hat am Ende der letzten Kommissionssitzung am vergangenen Donnerstag gesagt, dass er bereit ist, sich dem Thema der Schulden der Länder zuzuwenden, wenn die Länder bereit sind, sich dem Thema der Schulden des Bundes zuzuwenden.

Wie sind da die Relationen?

Die Schulden der Länder liegen bei 500 Milliarden Euro, die des Bundes über 900 Milliarden.

Die Länder werden sich dafür nicht zuständig fühlen.

Ja leider. Das, was der Bürgermeister nach der Sitzung gesagt hat, nämlich dass es bereits ein Aufeinanderzugehen der beiden Ebene gebe, kann ich in der Kommission noch nicht feststellen.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Günter Oettinger versteht sich offenbar gut mit dem Bremer Bürgermeister. Aber hat er Andeutungen darüber gemacht, ob sein Land einen Teil der Bremer Schulden zu übernehmen bereit wäre?

Mir nicht bekannt. Bisher wollen die Länder nur an den Solidarzuschlag, über den allein der Bund verfügt – vielleicht eines Tages zur Tilgung seiner Schulden. Ich weiß nicht, welche Karten der Ministerpräsident noch im Spiel hat.

Zum Thema Steuerverwaltung: Der Bund würde gern die Gesamtverantwortung für die Finanzämter übernehmen.

Der Bund bietet das den Ländern an. Und er weist nach, dass dies die Länder bei den Personalkosten entlasten und die Einnahmen beider Ebenen steigern könnte. Die Länder haben sich bisher sachlich mit dem Gutachten von Kienbaum und mit den verschiedenen Lösungsformen nicht auseinandergesetzt.

Was ist so ineffizient an der bisherigen Steuerverwaltung?

Die Uneinheitlichkeit der Rechtsanwendung. Denken Sie nur die Betriebsprüfungen, die in den Ländern unterschiedlich gestaltet werden und deshalb ein Instrument der verkappten Wirtschaftsförderung sind. Ohne dass wir gemeinschaftlich deutliche Effizienzsteigerungen in den bundesstaatlichen Verwaltungsbeziehungen erreichen, ist der Bund gar nicht in der Lage, zu einem Kompromiss beizutragen, der einen Einstieg in die Entschuldung bringen kann.