Kunstrundgang
: Brigitte Werneburg schaut sich in den Galerien von Berlin um

Die New Yorker Künstler John Lovett und Alessandro Codagnogne haben die Galerie September in einen Dark Room verwandelt, der freilich nicht um den Fetisch Sex kreist, sondern den Fetisch Kommunikation befragt. Kursiert er gewöhnlich hochglänzend, malen Lovett/Codagnogne ihn nun ganz in Schwarz. Lichtabsorbierende Spiegel machen Texte nur als Fragmente lesbar; auf einer schwarzen Plastikbox liegt ein Kopfhörer, aus dem Joy Divisions „No Love Lost“ im Endlosloop tönt; zwei schwarze Megafone sind kommunikationshemmend gegeneinander gerichtet, dazu faltet sich eine schwarze US-Flagge an der Wand. In der Videoinstallation „Because My Body Can Never Be Touched“ (2007) streift dann ein Schauspieler durch die menschenleeren Straßen der New Yorker East Side und rezitiert per Megafon in die nächtliche Stille Antonin Artauds „La recherche de la fécalité“. Gegen den Kleinbürgerwahn von einer perfekten Welt ohne Schmutz, Rauch, Sex, Steuern, Alkohol, Drogen, Hunde oder Kunst realisieren Lovett/Codagnogne in der Verbindung von Artauds „Suche nach der Scheiße“ mit Elementen der schwulen SM-Kultur eine ganz unerwartet erfreuliche Welt. Auch wenn die Zeichnungen des britischen Konzeptualisten Stephen Willats dem ganz entgegengesetzt bunt, aufgeräumt und übersichtlich sind, Willats arbeitet keineswegs der neuen basisdemokratischen Kleinmut zu. Auch er beschäftigt sich seit langem mit der Kommunikation in der Informations- und Kommunikationsgesellschaft und auch er versucht sie mit den Mitteln der Kunst transparent zu machen. Nicht zuletzt der Frage „Wer bevormundet wen?“, geht er in seinen Diagrammen und Piktogrammen nach, die Thomas Schulte zeigt. Eine unerwartet erfreuliche Anknüpfung, die sich auf dem Weg durch die Charlottenstraße auftut.

Lovett/Codagnone: Walk In Silence, bis 15. März, Di.–Fr. 11–19, Sa. 11–18 Uhr, Galerie September, Charlottenstr. 1 Stephen Willats: Democratic Mosaics And Conceptual Towers, bis 8. März, Di.–Sa. 12–18 Uhr, Galerie Thomas Schulte, Charlottenstr. 24,