Verbockt hat es der Kurt

Wer die Schuld am 33-Prozent-Ergebnis trägt, ist für Hamburgs versammelte SPD-Basis klar: Bundeschef Kurt Beck. Jubel über den Verlust der absoluten CDU-Mehrheit. Keine Sympathien für eine mögliche große Koalition

Es reicht nicht für Rot-Grün, das war den meisten Gästen im voll gedrängten Kurt-Schumacher-Haus schon vor den ersten Hochrechnungen klar. Trotzdem kommt Jubel auf: als die CDU-Verluste bekannt gegeben werden und die Union mit 42,8 Prozent die vor vier Jahren errungene absolute Mehrheit verliert. „Wir haben unser erstes Wahlziel erreicht“, erklärt SPD-Landeschef Ingo Egloff den Genossen: „Ole von Beust hat seine absolute Mehrheit verloren.“ Dass es mit dem zweiten Wahlziel, der Mehrheit für Rot-Grün, nicht klappte, habe nicht am Spitzenkandidaten gelegen, so Egloff, „und nicht am Einsatz der Genossen“.

„Komm, wir skandieren gleich: Beck muss weg“, raunen sich zwei junge Parteimitglieder zu, die im Scheinwerferkegel des ZDF stehen. Tun sie dann doch nicht, aber der Zorn auf den Bundesvorsitzenden ist allgegenwärtig. Beck ist der Sündenbock, der dafür herhalten muss, dass aus den vor zwei Wochen prognostizierten 36 bis 38 Prozent für die SPD nun bestenfalls nur 34 wurden. Seine Äußerungen zu einer möglichen Tolerierung der hessischen SPD-Frau Andrea Ypsilanti durch die Linkspartei habe viele Wähler verschreckt, da sind sich die Genossen sicher: „Der Fusselbär aus Berlin hat uns zwei Prozent gekostet.“

Aber wer soll nun regieren? Von einer großen Koalition hält an der Basis offenbar kaum einer etwas. „Wir haben darüber nicht gesprochen und ich sehe auch keine Berührungspunkte“, sagt Silvia Gey, die in Mitte fürs Bezirksparlament kandidiert hat. „Die große Koalition wird es mit Sicherheit nicht geben“, ergänzt Genosse Frank Ramelow. Er rechnet mit Schwarz-Grün – und sieht die SPD in der Opposition.

Landeschef Egloff will die schwarz-rote Frage am Wahlabend „nicht mehr diskutieren“. Stattdessen werde man abwarten, welche Parteien denn nun in die nächste Bürgerschaft kommen. „Entscheidend“ sei ohnehin, „dass Inhalte sozialdemokratischer Politik umgesetzt werden“.

Es sei schade, dass nur 18 Prozent der Wähler Eltern mit Kindern seien, findet die Abgeordnete Carola Veit. Sonst „wäre das Ergebnis für die CDU schlechter ausgefallen“. Einer großen Koalition kann sie nicht viel abgewinnen. „Das ist doch nicht richtig regieren.“ An so etwas „mag ich gar nicht denken“, sagt auch ein bärtiger Genosse aus dem Bezirk Mitte. „Lieber sollte die Partei den Mut haben, neue Wege zu gehen.“ Einer Tolerierung durch die Linkspartei allerdings redet hier und heute Abend keiner das Wort. KAIJA KUTTER