Diego Ribas da Cunha gedemütigt
: Ein Junge sieht rot

DIEGO RIBAS DA CUNHA, 23, ist ein exzellenter Techniker, bei dem böse Abwehr-Buben gerne grob werden.  FOTO: DPA

In der 40. Minute sieht Diego Ribas da Cunha Rot. Die Bremer verlieren ihren Spielmacher und danach das Spiel in Frankfurt. In diesem Moment könnte Diego die Meisterschaft entschieden haben. Nur anders als man das von ihm erwartet hätte. Die Chronik eines Kontrollverlusts:

In Frankfurt ist Diego einmal mehr der meist gefoulte Spieler des Spiels. Abwechselnd gibt es von der Defensivabteilung der Frankfurter auf die Knochen: Fink, Spycher, Inamoto. Sie treten ihn, ziehen an ihm – nichts besonderes. Einer wie er, der mit dem Ball tanzt wie Fred Astaire, ist das gewohnt.

Doch die Frankfurter haben Diego nicht nur mit Füßen getreten – sie haben ihn mit Worten geschlagen. „Gedemütigt“, sagt Diego nach dem Spiel. Er sieht unglücklich aus, ist in sich gekehrt, während er über diese fatale 40. Minute spricht.

Es ist ein gewöhnliches Foul. Frankfurts langhaariger Abwehrhalbriese Kyrgiakos schubst den kleinen Brasilianer zu Boden. Es gab zuvor viel härtere Szenen. Nur dreht sich Kyrgiakos noch einmal um. „Stand up, fuck you“, soll er zu Diego gesagt haben. Sagt Diego. Diego springt auf, rammt dem Griechen die Schulter in den Brustkorb. Und der baumlange Innenverteidiger geht zu Boden.

Diese Szene erinnert schmerzhaft an Zidanes Kopfstoß gegen Materazzi. Der Künstler wehrt sich gegen den grobmotorischen Abwehrschlächter. Sie zeigt aber auch: Die Seele des Bremer Spiels ist zerbrechlich. Über all die fußballerischen Unglaublichkeiten, magischen Momente und Zungenschnalz-Einlagen wird oft vergessen, dass Diego, der in dieser Woche 23 wird, noch ein sehr junger Spieler ist. Ein Junge mit Chorknaben-Seitenscheitel, der oft allein das Bremer Spiel trägt. Gegen Frankfurt hat er sich verhoben und Rot gesehen. Es war sein erster Platzverweis in der Liga. LUCAS VOGELSANG