sarah bsc
: Zeit für wirklich wichtige Dinge

Manchmal kann man wirklich staunen über die erstaunliche Weitsicht von Hertha BSC. Man stelle sich nur mal vor, Hertha hätte den Wünschen und Träumen der Fans entsprochen und sich für die Teilnahme am Uefa-Cup qualifiziert. Für die Finanzen wäre das natürlich toll gewesen, aber Geld, hey, was ist schon Geld!

Hätten wir teilgenommen, dann wären wir jetzt sicher Nürnberg. Die Spieler wären traurig und erschöpft, der Trainer beleidigt und enttäuscht, die Fans würden schimpfen und weinen. Und das wäre doch wirklich blöd. Es ist – so gesehen – viel besser, dass Nürnberg Nürnberg ist und Hertha eben gleich von Anfang an nicht mitgemacht hat. Mal abgesehen vom Geld.

Hertha kann sich so auch wirklich wichtigen Aufgaben widmen. Zum Beispiel gemeinsam mit der Deutschen Bahn den „M-Award“ gewinnen. Einen Preis für gelungenes Marketing, der zum ersten Mal verliehen wurde und den die beiden für die gelungene Bahncard 25 bekommen haben. Gut, Hertha und die Bahn waren gleichzeitig auch Sponsoren der Auszeichnung, aber was soll’s, gewonnen ist gewonnen und besser als verlieren. Mal abgesehen vom Geld, denn die Teilnahme an diesem Wettbewerb war kostenpflichtig, und der Preis ist nur ein Ehrenpreis, ein stilisiertes M aus Plexiglas, das man sich ins Regal stellen kann.

Doch damit nicht genug, auch der von Kreuzberger Polizisten ins Leben gerufenen Initiative „Stopp Tokat!“ ist Hertha BSC vergangene Woche beigetreten. Dort galt es, eine Charta gegen Raub und Gewalt zu unterzeichnen, und das hat Vizepräsident Thomas im Namen von Hertha getan. „Stopp Tokat“ ist eine deutsch-türkische Sprachschöpfung und bedeutet so viel wie „Stopp das Abziehen“. Hertha spendiert der Initiative Karten fürs Stadion sowie Fanartikel und will Kontakte zwischen Jugendlichen und prominenten Herthanern ermöglichen. Na bitte, wenn’s hilft.

Ob Torhüter Drobny das unterstützt, ist unklar, denn der hat sich während der Uefa-freien Zeit der Rettung der deutschen Sprache verschrieben. Er fordert auf dem Spielfeld und in der Kabine eine gemeinsame Sprache, nämlich Deutsch. Bei 14 unterschiedlichen Nationen, die zusammen bei Hertha spielen, könne man oft nicht verstehen, was die anderen Spieler rufen. Und gleich gibt es Deutschunterricht für alle bei Hertha. Das ist doch mal schnelle Umsetzung von Spielerwünschen.

Dass nebenbei die Siegserie von Wolfsburg gestoppt wurde, erstaunt mich kaum noch. Und all das ist nur durch die Nichtteilnahme am Uefa-Cup möglich. Hätte sonst niemand Zeit für gehabt. Und wegen des finanziellen Ausfalls kann man immer noch Bratwurst-Thilo Sarrazin einladen, der hat doch so dufte Sparvorschläge. SARAH SCHMIDT