Unseriöser Vergleich

betr.: „Sein Kampf“ von Stefan Reinecke, taz vom 18. 2. 08, „Ein hässliches Spiegelbild“ von Jan Feddersen, taz vom 23. 2. 08

Sicher hatte die 68er Bewegung totalitäre Sympathien – die damalige Bundesregierung mit ihrer Hofierung des Schah-Regimes und dem Schweigen zum Vietnamkrieg etwa nicht? Sicher hatte die 68er Bewegung den Charakter des Nationalsozialismus nicht erkannt – aber die Adenauer-Regierung, die fast den kompletten Beamtenapparat des Dritten Reiches übernahm? Sicher verbarg sich unter dem Antizionismus der APO Antisemitismus – aber ist das vergleichbar mit der kollektiven Mördergesinnung der Nazis?

Was ich an der Veröffentlichung von Götz Aly abstrichlos empörend finde, ist ihr Titel: „Unser Kampf“. Der alleine sollte vom Kauf des Buches abhalten. Für diesen absolut unseriösen Vergleich ist jeder Cent zu schade. Es bleibt nur die Frage: Was reitet einen renommierten NS-Historiker, der sicher vielfältig verballerten APO die fanatische Völkermordgesinnung Hitlers unterzuschieben? Auch die Nachwirkungen sollte, wer urteilen will, bedenken. Bei den Nazis: unübersehbare Leichenberge, unvorstellbare Zerstörungen, neonazistische Schändungen jüdischer Friedhöfe, Anschläge auf Juden und Ausländer. Bei der APO: Pazifismus gegen atomare Aufrüstung; Bewusstsein über die moralisch unverantwortbaren Gefahren der zivilen Kernkraftnutzung, eine demokratische Partei: die Grünen, das allgemeine Umweltbewusstsein. Das muss man alles, im Gegensatz zu mir, nicht gut finden. Aber mit NS-Gesinnung hat das absolut nichts zu tun. Müssen etwa wegen der APO und ihrer Nachläufer die Synagogen in Deutschland polizeilich bewacht werden?

KLAUS-PETER LEHMANN, Augsburg

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