Eine Überdosis Schall

Die Musik in Hamburger Diskotheken ist zu laut, warnt die Gesundheitsbehörde. Testmessungen im Dezember ergaben, dass neun von zehn Tanzlokalen doppelt so laut sind, wie sie dürfen. Jeder vierte junge Mensch hört schlecht

Die Musik in Hamburgs Diskos ist nach Messungen der Gesundheitsbehörde viel zu laut. Bei unangemeldeten Kontrollen in 27 Tanzlokalen und Clubs war die Musik in 90 Prozent der Fälle lauter als die vom Gesundheitsschutz geforderten 100 Dezibel. Schon dieser Wert entspreche „dem Krach eines Presslufthammers in zehn Meter Entfernung“, heißt es in dem Bericht der Behörde. Das schadet dem Gehör.

Dem Papier zufolge leiden ein Viertel der jungen Erwachsenen im Alter von 18 bis 24 Jahren unter lärmbedingten Hörstörungen, obwohl diese noch nie in Lärmberufen gearbeitet haben. Krankenkassen meldeten bereits steigende Kosten für Hörgeräte bei jungen Menschen. Als mögliche Ursachen gelten auch Walkman, MP3-Player, Knallkörper und laute Konzerte. Doch den rund 100 Diskos der Stadt wird wegen ihrer hohen Besucherzahl große Bedeutung zugemessen.

Die Messungen erfolgten im November und Dezember 2007 am Wochenende nach Mitternacht. Überprüft wurden große und kleine Lokale mit Besuchern verschiedenen Alters. Gespielt wurde 16mal Rock-, 15mal Pop-, fünfmal Elektro-Musik und nur je zweimal House oder Hip Hop. Der Durchschnitt der Messungen ergab 103 Dezibel. Die Differenz von 100 auf 103 Dezibel scheine nicht groß, bedeute aber schon „eine Verdoppelung der Schallenergie“, schreibt die Behörde.

Das Risiko einer unheilbaren Gehörschädigung steige mit Lautstärke und Dauer des Lärms. Am Arbeitsplatz sei ab 85 Dezibel Gehörschutz Pflicht. Der wäre wohl auch in der Disko angebracht. Denn eine Stunde bei 101 Dezibel hat die gleiche schädigende Wirkung wie eine 40-Stunden-Woche bei 85.

Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram (CDU) will das Thema jetzt auf der nächsten Gesundheitsministerkonferenz zum Thema machen, um bundeseinheitlich „das Gehör der Gäste zu schützen“.

Rechtliche Regelungen gibt es bisher nicht. Seit 2005 versucht die Gesundheitsbehörde durch Aufklärung und die Einführung eines „DJ-Führerscheins“ eine Änderung zu erwirken – ohne Erfolg. Ein empfohlenes Schallmessgerät für den DJ fand sich in keiner der Diskotheken. Lediglich eine bot Ohrstöpsel für die Gäste zum Kauf. KAIJA KUTTER