Feuerschlucker und Feuerspender

Un Kuartito sind keine normale Latin-Band. Hauptberuflich sind die fünf Ska-Fans aus Buenos Aires Zirkusartisten und Straßenkünstler. Auf der Bühne hinterlassen sie einen nachhaltigen Eindruck. Unter drei Stunden Show machen sie‘s nicht

Masken, Schminke und Accessoires gehören dazu, wenn „Un Kuartito“ die Bühne entern. Mal sind es typische Catcher-Masken, die in Mexiko besonders populär sind, manchmal nur eine Schicht Schminke. „Un Kuartito“ machen, was sie mögen, und das experimentieren gehört zum Alltag der fünfköpfigen Band, die hauptberuflich als „Circo Marisco“, Zirkus Meeresfrucht, unterwegs ist.

An der argentinischen Küste wird im Sommer getingelt und wenn es kühler wird, verdienen sich die fünf Komödianten ihr Geld mit Straßentheater und Musik. Konzerte, Theater- und Zirkus-Events werden dann mit befreundeten Bands auf öffentlichen Plätzen in Argentiniens Hauptstadt organisiert. Von der Musik kann die Band um den Schlagzeuger Emiliano „Sanders“ nicht leben, obwohl „Un Kuartito“ schon rund 15 Jahre existieren, gibt es gerade drei CDs der Combo. Die letzte, „Cerca del Mar“, ist nach fünfjähriger Schaffenspause gerade erschienen und wurde in Barcelona aufgenommen. Dort haben die fünf Kuartitos gute Freunde.

Dazu zählt mit Gambit, dem Bassisten von Manu Chao, auch ein Mastermind der Mestizo-Szene Barcelonas. Bei ihm im Studio entstand „Cerca del Mar“ und neben den Kumpels von „Che Sudaka“ war auch der baskische Politbarde Fermin Muguruza mit von der Partie. Obendrein ist auch noch Buju Banton, der jamaikanische Dancehall-Löwe auf „Original Riddim“, vertreten. Keine schlechten Referenzen für eine reine Undergroundband aus Buenos Aires. Die hat Stil und das hat sich nicht nur in der Mestizo-Szene herumgesprochen. Mestizo wird die Fusion von alt und neu, von Rock mit Folklore genannt, mit der Anfang der neunziger Jahre Manu Chaos Band „Mano Negra“ auch Lateinamerika unsicher machte.

Für Emiliano, der damals staunend in der ersten Reihe stand, ein bahnbrechendes Konzert. Bis dahin wäre er nie auf die Idee gekommen, ein Bandeneon, das Schifferklavier, welches den Tango Argentino so prägt, im Rock Latino einzusetzen. Heute ist das kein Thema mehr und die musikalische Öffnung hat Emiliano quasi live erlebt. Erst bei „Todos los Muertos“, einer argentinischen Kultband, und dann eben bei „Un Kuartito“, die neben Ska auch Reggae, Dancehall, Hip Hop und Punk mit Klängen vom Río de la Plata kombinieren. Mestizo eben – und live kommt das Rezept der Zirkusleute noch besser rüber, denn unter drei Stunden Show machen es „Un Kuartito“ zumeist nicht.

Im Hamburger Hafenklang wird es wesentlich länger dauern. Dort steht der kommende Sonntag ganz im Zeichen von Lateinamerika. Filme, Infos und Diskussionen werden geboten und die Feuerspucker aus Buenos Aires sind dann der krönende Abschluss.

Im Bremer Lagerhaus werden die Argentinier von ihrem ehemaligen Keyboarder Paulo empfangen. Als „Un Kuartito“ dort im April 2006 das letzte Mal auftraten, machte der Musiker eine Bekanntschaft, die von Dauer sein sollte. Und so hielt es ihn nicht mehr lange in Südamerika, er packte seine Koffer und lebt nun seit einiger Zeit an der Weser – der Liebe wegen. KNUT HENKEL

29. 2., Bremen, Lagerhaus; 1. 3., Kiel, Die Pumpe; 2. 3., Hamburg, Hafenklang; 3. 3., Hannover, Bei Chéz Heinz