: Ein asymmetrisches Verhältnis
betr.: „Eine schwierige Geschichte“ von Erich Rathfelder, taz vom 23. 2. 08
Selten habe ich einen so unverhohlen antiserbischen Artikel gelesen wie Rathfelders Auslassung über das serbisch-deutsche Verhältnis. Während unbestritten ist, dass serbischer Nationalismus in den letzten zwanzig Jahren in der Region großen Schaden angerichtet hat, bleibt das Bild Serbiens in der medialen Öffentlichkeit doch äußerst schematisch und von Schwarz-Weiß-Denken geprägt. Zuweilen möchte man meinen, Serbien nimmt die Rolle der Sowjetunion in Zeiten des Kalten Krieges ein – unser eigenes „Empire of Evil“. Kosovo-albanischer Nationalismus wurde in den letzten Tagen in deutschen Medien nur wenig problematisiert. Unkritisch wird auch die schnelle, wenn auch geostrategisch komplett folgerichtige Entscheidung der deutschen Regierung, die Unabhängigkeit des Kosovo anzuerkennen, zur Kenntnis genommen. Folgerichtig, weil Deutschland seit mindestens neun Jahren, eigentlich aber schon seit Beginn der Neunzigerjahre eine Schlüsselrolle auf dem Balkan spielt – u. a. als Schutzmacht des Kosovo.
Zurück zu Rathfelder: Über antideutsche Ressentiments in Serbien zu schreiben, dabei aber die gut dokumentierten Gräuel der deutschen Wehrmacht an der serbischen Zivilbevölkerung (Stichwort sind die Massaker von Kraljevo und Kragujevac) nicht einmal in einem Nebensatz zu erwähnen, ist eine Frechheit, die an Geschichtsklitterung grenzt.
Der Bombenkrieg der Nato 1999 wurde im Wesentlichen unter deutscher Beteiligung geführt. Bis heute sind im Stadtzentrum von Belgrad die Folgen zu betrachten. Deutsche Regierungspolitik ist seinerzeit ideologisch, propagandistisch und juristisch große Schritte gegangen, um diesen Krieg führen zu können – das rot-grüne Projekt unter Schröder/Fischer beteiligte sich zum ersten Mal in der Nachkriegsgeschichte an einem Angriffskrieg.
Das deutsch-serbische Verhältnis ist und bleibt ein asymmetrisches. Stets waren die Deutschen diejenigen, die aus einer Position der Stärke und Gewalt auftraten. Dies nährt natürlich das falsche Bewusstsein des serbischen Nationalismus und leistet deutschenfeindlichen Ressentiments Vorschub. Kann ich von der taz eigentlich mehr erwarten als ideologische Unterfütterung des Regierungshandelns? Das finde ich genauso unappetitlich wie die Umarmung des serbischen Nationalismus durch selbst ernannte „Linke“ wie Jürgen Elsässer und Konsorten. SÖREN KÖPKE, Hannover