heute in Bremen
: Juden als Sündenböcke

Die schwedische Jüdin Sonja Sonnenfeld (95), Leiterin des Wallenberg-Büros, ist in Bremen

taz: Frau Sonnenfeld, was sagen Sie Schülern, wenn die Sie fragen, warum die Deutschen 1933 die Nazis gewählt haben?

Sonja Sonnenfeld (95): Die Nazis waren Deutsche. Die kamen doch nicht von einem Planeten. Und die Juden waren auch Deutsche. Es gibt keine einfache Antwort auf diese Frage. Die Juden sind überall in der Minderheit, sie eignen sich als Sündenböcke. Und es kommt etwas hinzu: Jüdische Eltern achten besonders darauf, dass ihre Kinder etwas lernen. Da gab es viel Neid, ich habe das in dem Haus, in dem ich in den 20-er Jahren in Charlottenburg gelebt habe, erlebt.

Es gab vor 20 Jahren Spekulationen darüber, ob der Schwede Raoul Wallenberg, dem viele Budapester Juden 1944 ihre Rettung verdankten, noch lebt.

Nein, heute nicht mehr. Ich weiß nur, dass er 1945 in ein Schweigelager gekommen ist. Wissen sie, was das war?

Nein.

Die Menschen, die in diese Lager im Reich Stalins kamen, wurden tot geschwiegen.

Warum hat Stalin den Mann dorthin deportieren lassen?

Man hielt ihn für einen Spion. Andere, die mit Raoul deportiert wurden, sind freigekommen. Aber Schweden hat einen Austausch aus moralischen Gründen abgelehnt - weil das Menschenhandel sei.

Wie hat Ihnen die Oper „Raoul Wallenberg“ gefallen?

Der erste Teil hätte nicht zu sein brauchen, der zweite war gut. Und die Musik hat mir sehr gut gefallen, das war doch kein Musical! Fragen: kawe

Samstag, 19 Uhr im Café „Kaffeklatsch“ Borgfelder Heerstr. 41, Sonntag, 11.30 Uhr Theatergalerie: Matinee zu Raoul mit Sonja Sonnenfeld