Krippenausbau statt Gratis-Kita

In der Kita-Politik geht die CDU verschiedene Wege. In Niedersachsen will man die Kita-Gebühren abschaffen. Die Hamburger CDU will die Eltern dagegen weiterhin zur Kasse bitten, hat aber in Sachen Krippenangebot die viel bessere Bilanz

Niedersachsen hat einen Krippenversorgungsgrad von rund 9 Prozent, allerdings überwiegend Plätze bei Tagesmüttern. Insgesamt sind rund 250.000 Kinder in Kitas oder Tagespflege, darunter rund 27.000 Null- bis Dreijährige, 202.000 Drei- bis Sechsjährige und 24.000 Schulkinder. In Hamburg liegt der Versorgungsgrad bei 22 Prozent. Die Zahl der betreuten Kinder stieg seit Einführung des Rechtsanspruchs für Berufstätige 2005 von 49.000 auf 59.000. Dafür gingen die Ganztagsplätze in Problemvierteln zurück. Die Zahl der Krippenkinder soll sich nach CDU-Plan bis 2013 von derzeit 10.000 auf 16.000 erhöhen. Ab 2009 dürften auch Zweijährige in die Kitas, deren Eltern nicht berufstätig sind. Bundesweit ist dies ab 2013 für alle Einjährigen geplant. KAJ

VON KAIJA KUTTER

„Och, um meinen Wiedereinstieg mache ich mir keine Sorgen“, sagt eine 38-jährige Hamburgerin, die in diesen Tagen ihr erstes Kind erwartet. „Für uns ist doch alles bestens geregelt“. Sie meint den „Hamburger Rechtsanspruch“ auf einen Kindergartenplatz. Nicht erst ab drei Jahren, sondern schon nach Ablauf des Mutterschutzes können die Kinder einen Krippenplatz bekommen, wenn die Mutter wieder arbeiten will. Der 2005 eingeführte Rechtsanspruch rechnet sich. Als einziges Bundesland hat Hamburg steigende Geburtenzahlen und einen Krippenversorgungsgrad von 22,2 Prozent.

Aber das Hamburger System hat auch Mängel. Die nach Einkommen gestaffelten Gebühren für Kitas liegen bei Doppel-Verdienern schnell beim Höchstsatz von 385 Euro pro Monat. Und auch Hartz IV-Empfänger müssen einschließlich Essensgeld über 40 Euro pro Monat zahlen. Doch Hamburgs CDU-Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram hält nichts von einer Beitragsfreiheit, wie sie das CDU-regierte Nachbarland Niedersachsen plant. „Kostenfreie Kita-Plätze nützen nur denen, die schon im System sind“, erklärte sie Mitte Februar, als sie ihre Krippenausbau-Pläne vorstellte. Ihn ärgere diese Diskussion, ergänzte ihr Staatsrat: „Davon profitiert dann das doppelt verdienende Lehrerehepaar“. 80 Millionen Euro im Jahr würde die Gratis-Kita die Hansestadt kosten. Geld, dass die CDU-Senatorin lieber in den Ausbau steckt.

Anders verläuft die Debatte in Niedersachsen, wo die frisch wieder vermählte FDP-CDU-Koalition gerade beschloss, im Laufe der neuen Legislaturperiode die Kita-Gebühren ganz abzuschaffen. Dies war eigentlich eine Forderung der SPD, die CDU-Ministerpräsident Christian Wulff im Wahlkampf annektierte.

„Für uns sind Kitas Bildungseinrichtungen. Wir sind dagegen, dass Bildung Gebühren kostet“, begründet SPD-Kita-Sprecherin Frauke Heiligenstadt die Forderung. Sie sieht angesichts von 1,7 Milliarden Euro Steuermehreinnahmen „keinen Widerspruch“ zu einem Krippenausbau: „Wir haben für 2008 entsprechende Haushaltsanträge gestellt und alles durchfinanziert“. Etwa 37 Millionen Euro hätten Niedersachsens Sozialdemokraten bereits 2008 in den Krippenausbau gesteckt. Was dringend nötig sei, weil die schwarz-gelbe Koalition dieses Thema in der vergangenen Regierungsperiode verschlafen habe. „Traumhaft“ sei dagegen die Hamburger Krippenversorgungsquote, so Heiligenstadt

Zwar hatte die Regierung in Hannover 2007 das auf vier Jahre verteilte 100-Millionen-Euro-Programm „Familien mit Zukunft“ zur Förderung der Betreuung unter Dreijähriger aufgelegt. Welches „im Bundesvergleich mustergültig ist“, wie CDU-Sozialpolitikerin Heidemarie Mundlos betont. Mit dem Programm werde man es schaffen, bis 2011 35 Prozent aller Kleinkinder zu versorgen, sagt auch ein Sprecher des Sozialministeriums. Doch das Geld wird überwiegend zur Förderung von Tagesmüttern verwandt. Für Frauke Heiligenstadt der falsche Weg: „Kinder müssen unter Kindern sein – das ist in der Krippe der Fall“, sagt sie. Auch seien Tagesmüttern am geringsten qualifiziert, „dabei müssten wir für die Kleinsten die am besten qualifizierten Kräfte haben“. Zudem stünden gar nicht so viele Frauen für den schlecht abgesicherten Tagesmutterjob bei Fuß. Das Programm sei deshalb ein „Ladenhüter“ und werde „kaum abgefordert“.

Zwar plant auch Niedersachsen darüber hinaus einen Krippenausbau. „Der Bund stellt bis 2013 214 Millionen Euro für die Betreuung unter Dreijähriger bereit. Da gibt das Land noch mal zwölf Millionen dazu“, sagt eine Sprecherin des Kultusministeriums. Das kann aber Kritikerin Heiligenstadt noch nicht beeindrucken: „Einfach Bundesmittel weiterreichen, das langt nicht“, sagt sie. Wenn Niedersachsen darüber hinaus für die 43 Landkreise nur zwölf Millionen bereitstelle, sei das zu wenig, zumal in der vorherigen Legislatur den Kommunen Geld entzogen worden sei.

Auch Gebühren-Befürworterin Birgit Schnieber-Jastram greift bei ihren Ausbauplänen stark auf Bundesmittel zurück, gibt aber mehr dazu. Sie will bis 2013 die Zahl der Betreuungsplätze um 50 Prozent steigern (siehe Kasten), und zwar zu zwei Dritteln im Krippenbereich und nur einem Drittel bei Tageseltern.

Zur Zeit ist allerdings aus ihrem Haus zu diesem Thema nichts zu hören, weil Koalitionsverhandlungen anstehen. Die Hamburger SPD will die beitragsfreie Kita, bei den Grünen stehen Qualitätsverbesserungen im Vordergrund.