Klimastrategie strittig

Verbände halten Förderung der effizienten Kraftwerke für nicht ausreichend. Regierung will Stromnetz nicht kaufen

Kraft-Wärme-Kopplung: ein sperriger Begriff für eine elegante Technologie. Die Wärme, die bei der Stromproduktion ensteht, wird in Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen nutzbar gemacht, etwa zum Heizen von Städten, für Warmwasser oder für industrielle Prozesse. In einem normalen Kohlekraftwerk wird diese Wärme „weggeschmissen“ – über die Kühltürme in die Umwelt geleitet. Während diese Kraftwerke nur einen Wirkungsgrad von höchstens 45 Prozent haben, schaffen KWK-Anlagen bis zu 90 Prozent. Aus dem Brennstoff wird über das KWK-Prinzip doppelt so viel Energie herausgeholt, was das Klima schont und Rohstoffe spart. RENI

BERLIN taz ■ Die Bundesregierung wird nicht Besitzer des deutschen Stromnetzes. „Die öffentliche Hand ist das ungeeignetste Instrument“, erklärte Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) am Donnerstag im Bundestag. Eon hatte vor Wochenfrist angekündigt, sein Stromnetz verkaufen zu wollen, und war damit Glos in den Rücken gefallen: Vor der EU-Kommission hatte sein Haus erklärt, warum ein Netzverkauf gar nicht machbar sei. Nun fordert die Linkspartei, dass der Staat Eigentümer des Netzes wird. „Wir müssen mal diese faulen Deals beenden“, erklärte Glos in der Debatte – und meinte damit Eon genauso wie Oskar Lafontaine, der eine Verstaatlichung gefordert hatte.

Das eigentliche Thema des Tages drohte in der hitzigen Bundestagsdebatte unterzugehen: die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK). Sie ist ein Bestandteil der Klimastrategie der Bundesregierung. Um bis 2020 den Ausstoß an Treibhausgasen im Vergleich zu 1990 um 40 Prozent zu senken, soll der Anteil an Strom aus KWK-Anlagen von derzeit elf auf 25 Prozent erhöht werden. Das Bundeswirtschaftsministerium brachte am Donnerstag einen Gesetzentwurf im Bundestag ein, der ein Fördervolumen von 750 Millionen Euro jährlich vorsieht. Ähnlich wie beim Erneuerbare-Energien-Gesetz wird dieses Geld über eine Umlage auf den Strompreis in Höhe von zwei Prozent aufgebracht.

„Das ist viel zu wenig“, kritisiert Matthias Seiche, Klimaexperte vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Im Prinzip sei diese Summe jene, die bereits heute durch das bestehende KWK-Gesetz zur Verfügung stehe. Und obwohl dieses Gesetz fast zehn Jahre alt sei, habe kein KWK-Ausbau stattgefunden. „Maximal 60 Prozent des selbst gesteckten Zieles könnten erreicht werden“, urteilt Seiche. Das sieht offenbar auch der Bundesrat so: Er forderte bereits, mindestens 200 Millionen Euro jährlich mehr in den KWK-Ausbau zu stecken.

„Die Fördertarife sind zu gering“, so Seiche, sie müssten um mindestens 40 Prozent erhöht werden. Neu im Gesetz immerhin: Künftig wird auch die sogenannte industrielle Kraft-Wärme-Kopplung gefördert. Bislang kamen nur Anlagen bis zwei Megawatt in den Genuss.

„Eigentlich hätte das Gesetz bereits vor zwei Jahren vorgelegt werden müssen. Wir sind froh, dass es jetzt endlich eingebracht worden ist“, erklärte SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber der taz. Der Entwurf sei eine deutliche Verbesserung der aktuellen Gesetzeslage. „Allerdings muss er punktuell verbessert werden, wenn eine KWK-Verdopplung erreicht werden soll“, so Kelber. Speziell über die vorgesehenen Fristen und den Kostendeckel sei mit der Union zu verhandeln.

„Ein sehr gutes Gesetz“, urteilte dagegen der CDU-Energieexperte Joachim Pfeiffer. Über einzelne Feinjustierungen könne man sicherlich noch reden, „der Grundsatz aber steht und wird nicht mehr verändert“, so Pfeiffer. Für ihn sei „Grundsatz“ auch der „Förderdeckel“, also die 750 Millionen Euro jährlich. Pfeiffer: „Das Geld fällt ja nicht vom Himmel. Das zahlen die Verbraucher, und mehr ist denen nicht zuzumuten.“ NICK REIMER