Hessischer SPD-Bezirk warnt vor Linkskurs

Protest an der Basis: „Keine Zusammenarbeit mit der Linkspartei“ fordert der größte Unterbezirk in Südhessen

BERLIN taz ■ Ganz so vertrackt hatte sich Christoph Degen die ersten Schritte im hessischen Landtag vermutlich nicht ausgemalt. Der 27-jährige Doktorand der Erziehungswissenschaften aus dem Main-Kinzig-Kreis ist im Januar zum ersten Mal für die SPD ins Landesparlament eingezogen. Doch noch vor der konstituierenden Sitzung steckt der Juso in der Zwickmühle.

In der Fraktion hat Degen versprochen, Andrea Ypsilanti am 5. April auch mit Hilfe der Linkspartei zur Ministerpräsidentin zu wählen. Der SPD-Unterbezirk, in dessen Vorstand Degen sitzt, hat nun jedoch ein Papier beschlossen, das genau das Gegenteil verlangt. In der „Gelnhäuser Erklärung“, die der taz vorliegt, warnt der größte SPD-Unterbezirk im hessischen Süden davor, die „Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit“ aufs Spiel zu setzen. „Wir bleiben bei der Aussage, die wir vor, während und nach der Wahl in aller Klarheit getroffen haben: Es gibt keine Zusammenarbeit mit der Linkspartei.“ Die „politische Kultur“ dürfe nicht „einer Machtstrategie untergeordnet werden“.

Degen gehört zum „Netzwerker“-Flügel innerhalb der SPD und bekennt sich zum Kurs des Ypsilanti-Gegenspielers Jürgen Walter. Er macht kein Geheimnis aus seiner Position. „Ich kann die Bedenken gut verstehen und finde es wichtig, dass das mal jemand ausspricht“, sagte Degen der taz. Dennoch habe er gegen die „Gelnhäuser Erklärung“ gestimmt. Bei der Ministerpräsidentenwahl werde er sich an das halten, was der Landesparteitag Ende März beschließe.

Dass dort der Linkskurs noch einmal gekippt wird, glaubt auch die SPD-Basis im Main-Kinzig-Kreis nicht. Er habe aber für die Protestnote viel Lob bekommen und wolle die Position beim Parteitag vertreten, sagt Vorstand André Kavai. „Die meisten haben leider nicht den Arsch in der Hose, das offen auszusprechen.“ Die Linkspartei-Skeptiker in Hessen verlangen nun, dass man vor einer Duldung durch die Linke zumindest „Sicherheitsgurte“ schafft. Die Linken müssten sich nicht nur zur Wahl Ypsilantis, sondern auch zur Wahl des Kabinetts ohne „Vorstellungsgespräch“ verpflichten, fordert der „Netzwerk“-Sprecher Gerrit Richter. Außerdem müssten sie Eckpunkte des Haushalts 2009 absegnen und sich zur Verfassung bekennen – Verfassungsschutz inklusive. Der Linken-Spitzenmann Gregor Gysi verlangt indes eine Mitsprache über das Kabinett. Den Verfassungsschutz will die hessische Linke abschaffen. SPD und Grüne beginnen heute die Koalitionsgespräche. ASTRID GEISLER