Händler des Todes in Falle getappt

Der Russe Viktor Bout, der unzählige Bürgerkriegsparteien ausrüstete, geht den US-Behörden ins Netz

BERLIN taz ■ Auf jeder Liste von Waffenhändlern steht er ganz oben: Viktor Bout, russischer Luftwaffenpilot, Geschäftsmann und Ziel von UN-Sanktionen. Von Afghanistan über Kongo, Liberia und Sierra Leone bis nach Kolumbien reichen die Konfliktherde, in denen der 41-jährige geschäftlich aktiv gewesen sein soll. Am Donnerstag wurde er in Thailand verhaftet. Mit seiner Festnahme, so ist nun zu hoffen, geht eine Ära zu Ende, in der der Zerfall des einstigen sozialistischen Ostblocks den Zerfall schwacher Staaten in Afrika vorantrieb.

Bouts Karriere begann 1991, als Übersetzer für sowjetische Militärberater in Angola in den letzten Tagen der Sowjetunion. Als die sich auflöste, landete Bout wie viele andere Sowjetmilitärs in einer Grauzone – ohne Job, aber mit Zugriff auf lukrative Überbleibsel des mächtigen Militärapparats.

Bout gründete mit drei russischen Antonow-Frachtflugzeugen, die er für 120.000 US-Dollar kaufte,die Luftfrachtfirma Transavia Export Cargo. Damit verramschte er herrenlose sowjetische Waffendepots. Einer seiner Lieblingsklienten war die Nordallianz in Afghanistan: Weil er im heutigen Tadschikistan geboren ist, hatte Bout dorthin gute Kontakte. Bouts Fluglinien, für die Liberia ein wichtiger Stützpunkt war, transportierten alles: Waffen zu Rebellen in Angola, französische Soldaten nach Ruanda, Nothilfe für Tsunami-Opfer in Sri Lanka und Vertragsfirmen des US-Militärs in den Irak.

Antonow-Flüge voller Waffen aus Osteuropa quer durch Afrika wurden ein Markenzeichen der Bürgerkriege des Kontinents in den 90er-Jahren. Und häufig hatte Bout damit zu tun. Ideologische Motivationen gab es für ihn nicht. Die Journalisten Douglas Farah und Stephen Braun beschreiben Bout in einem Buch über ihn als „Postbote, der jedes Paket überall auf der Welt ausliefern kann“. Der ehemalige britische Außenstaatssekretär Peter Hain sagte 2003: „Die UNO hat Bout als Zentrum eines Spinnennetzes zwielichtiger Waffenhändler, Diamantenschmuggler und anderer Geschäftemacher identifiziert, die Kriege in Afrika am Laufen halten.“

Da war Bout schon längst auf der Flucht. UN-Untersuchungskommissionen hatten seine Rolle in Afrika ab 2000 unter die Lupe genommen, 2002 stellte Belgien einen internationalen Haftbefehl gegen ihn aus. 2005 verhängten die USA Sanktionen gegen 30 Firmen in Bouts Umfeld und der UN-Sicherheitsrat setzte ihn auf seine Liberia-Sanktionsliste. Bis zuletzt aber blieb Bout geschäftlich aktiv.

Am Schluss tappte er in eine Falle. Wie die US-Behörden am Donnerstagabend bekanntgaben, traf sich Bout am Mittwoch in einem Hotel in Bangkok mit angeblichen Rebellen der Farc aus Kolumbien. Die vermeintlichen Rebellen waren V-Männer der US-Drogenbekämpfungsbehörde DEA, die thailändische Polizei nahm Bout fest. Angeblich war er gerade im Begriff, eine Provision von fünf Millionen Dollar für die Lieferung von Raketenwerfern, Boden-Luft-Raketen, Hubschraubern und SAM-Raketen auszuhandeln – das Ergebnis monatelanger Gespräche.

Nun soll Bout in Thailand vor Gericht kommen – wegen „Verschwörung zur Unterstützung einer terroristischen Organisation“. Laut DEA drohen ihm 15 Jahre Haft. Außerdem soll er in die USA ausgeliefert werden.

DOMINIC JOHNSON