… die Senatsverwaltung für Justiz?
: Mysteriöse Geschichten verfassen

In diesen von grobrhetorischen Auseinandersetzungen geprägten Märzwochen ist man froh über jede Abwechslung. Denn so schön ein Streik journalistisch gesehen ist – irgendwann nervt die Wiederholung banaler Sätze wie: „Das ist ein falsches Signal, wenn die Gewerkschaft erst mal streikt, bevor sie verhandelt“ (Senatssprecher Richard Meng gestern), oder: „Die Arbeitgeber bewegen sich nicht“ (Andreas Splanemann von Ver.di).

Zum Glück gibt es die Senatsverwaltung für Justiz unter der Senatorin Gisela von der Aue. Seit kurzem hat die SPD-Frau einen neuen Pressesprecher – und dem einstigen Journalisten Daniel Abbou gelingt es bereits mit einer seiner ersten Meldungen, echte Neuigkeiten und eine dramatisch-verworrene Geschichte zu vermitteln. Oder hätten Sie gewusst, was ein „Ersatzfreiheitsstrafer“ ist? Wir auch nicht.

Auf den ersten Blick handelt es sich um einen Schüler. Der betroffene Ayhan K. hatte nämlich am 6. März eine „Freistunde“, so der Justizsprecher in einer Mitteilung, und nach der ist K. nicht in seinen Haftraum – wohl ein Synonym für Klassenzimmer – zurückgekehrt.

Wer hier stutzt, tut dies zu Recht. Kaum eine Senatsverwaltung hätte so viel Humor. In der Tat stellt sich im folgenden Satz heraus, dass der „Ersatzfreiheitsstrafer“ eine „Ersatzfreiheitsstrafe“ in der Justizvollzugsanstalt Plötzensee verbüßte, weil er eine Geldstrafe von 1.120 Euro nicht zahlen konnte. Nun ist K. flüchtig und zur Fahndung ausgeschrieben. Das vielleicht Dramatischste an der Geschichte verrät der Justizsprecher – wie jeder gute Krimiautor – zum Schluss: „Die Motivlage für die Entweichung ist noch unklar.“

Angesichts dieser im Vergleich zur Tarifrhetorik fast lyrischen Sprache – was ließe sich alles aus „Entweichung“ herauslesen! – haben wir in diesen ersten Märzwochen nur eine Bitte: Mehr davon, Herr Abbou! BIS FOTO: AP