Zweite Chance für Spaniens Sozialisten

Bei den Parlamentswahlen legt die Regierungspartei von Premier Zapatero zu, verfehlt jedoch knapp die absolute Mehrheit. Die Suche nach einem Regierungspartner dürfte nicht allzu schwierig werden. Konservativen droht eine innerparteiliche Krise

AUS MADRID REINER WANDLER

Der spanische Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero lächelte noch breiter als sonst, als er vor hunderten jubelnder Anhänger „einen klaren Sieg“ für seine PSOE verkündete. Mit 44 Prozent der Stimmen bekommen die Sozialisten 169 Mandate – fünf mehr als vor vier Jahren. Bis zur absoluten Mehrheit fehlen nur sieben Sitze. „Die Spanier haben deutlich gesprochen und eine neue Etappe eingeleitet“, feierte Zapatero das Ergebnis, als wäre es sein erster Sieg.

Auch die konservative Partido Popular (PP) von Mariano Rajoy, die in der letzten Legislaturperiode durchweg auf Konfrontation gesetzt hatte, gewann hinzu. Mit 40 Prozent der Stimmen ist sie mit 153 statt wie bisher mit 148 Abgeordneten im neuen Parlament vertreten.

Die Konservativen schnitten in Madrid, Valencia und Murcia am besten ab. Die PSOE legte vor allem in den beiden nationalistischen Nordregionen, dem Baskenland und Katalonien, zu und wurde dort stärkste Partei. Die Wähler belohnten damit im Falle von Katalonien die Erweiterung der Autonomierechte. Im Falle des Baskenlandes dürfte die harte Haltung der Regierung gegenüber der ETA nach erfolglosen Versuchen, die Gewalt durch einen Dialog zu beenden, das Ergebnis beeinflusst haben. Allerdings sank die Beteiligung im Baskenland um zehn Prozent. Denn Parteien aus dem ETA-Umfeld durften nicht teilnehmen. Sie riefen zum Boykott auf.

Indirekt ist auch der überraschende Einzug der ehemaligen sozialistischen Abgeordneten Rosa Díez auf die Situation im Baskenland zurückzuführen. Sie trat vor wenigen Monaten aus Protest gegen Zapateros Verhandlungen mit der ETA aus der PSOE aus. Auf Anhieb erhielt ihre Formation über drei Prozent.

Zapatero versprach am Wahlabend „eine Politik der ausgestreckten Hand.“ Jetzt werde „ein neuer Abschnitt beginnen, ohne Konfrontation“. Der klare Sieg der PSOE sei „die Absage an eine politische Strategie, die auf Polarisierung und Untreue basiert“, kritisierte er dennoch scharf seine politischen Kontrahenten.

Die tragische Gestalt des Wahlabends ist Gaspar Llamazares. Der Chefkoordinator und Spitzenkandidat der Vereinigten Linken (IU) musste mit ansehen, wie sein Bündnis um die Kommunistische Partei in der Bedeutungslosigkeit versank. Künftig wird die IU mit zwei statt wie bisher fünf Abgeordneten vertreten sein. Llamazares trat noch in der Wahlnacht zurück.

Viele IU-Wähler sind zur PSOE übergelaufen, um der PP den Weg zu verbauen. „Wir sind Opfer eines Zweiparteientsunamis“, ist Llamazares sicher. Die Zahlen geben ihm recht: 84 Prozent der Stimmen gingen an die beiden großen Parteien PSOE und PP.

Neben der IU wurden auch andere kleinere Formationen Opfer dieser Entwicklung, allen voran die Republikanische Linke Kataloniens (ERC), die Zapateros Minderheitsregierung unterstützt hatte. Sie errang drei statt bisher acht Sitze und verliert ebenso wie die IU den Fraktionsstatus.

Bereits in der Wahlnacht wurde die Frage nach der Zukunft Rajoys laut. Er bemühte sich, die Niederlage seiner PP als Erfolg zu verkaufen. „Wir sind diejenigen, die am stärksten zugelegt haben“, rief er seinen Anhängern zu. Dennoch dürfte die innerparteiliche Krise nicht lange auf sich warten lassen.

Unbesorgt schaut Zapatero in die Zukunft. Zwar braucht er wieder einen Partner zum Regieren. Doch dies dürfte kein Problem sein. Am wahrscheinlichsten ist eine erneute PSOE-Minderheitsregierung – dieses Mal toleriert von den gemäßigten katalanischen Nationalisten von Convergència i Uniò (CiU). Sie ziehen mit elf statt bisher zehn Abgeordneten ins Parlament ein.

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