Henrik Mouritsen, Biologe
: Der Vogelversteher

HENRIK MOURITSEN, 36, ist Inhaber einer Lichtenberg-Professur der Volkswagen-Stiftung an der Oldenburger Universität.

Die Wege der Wissenschaft sind dunkel und verworren. Das musste gerade der Biologe Henrik Mouritsen erfahren – ironischerweise während er das zielgenaue Navigationssystem von Zugvögeln zu erforschen suchte. Rein zufällig entdeckte er dabei Indizien für den evolutionären Zusammenhang zwischen Bewegungssystem und Stimmlernfähigkeit der Vögel. Ein Zusammenhang, sagt Mouritsas, der sich wahrscheinlich auf den Menschen übertragen lasse: Demnach nutzen wir unsere für die Motorik entwickelten Gehirnstrukturen als Vorlage für die Sprachentwicklung.

Der gebürtige Däne Mouritsen wird in diese Richtung allerdings nicht weiter forschen. Er bleibt den Zugvögeln treu – seiner alten, seiner ersten Liebe. Zehn Jahre alt war er, als ihn ein ornithologisch interessierter Schullehrer auf die Fährte der Zugvögel setzte. Später sollte Mouritsen dann selbst ausschwärmen: Nach dem Studium in Odense zog es ihn nach Kanada, drei Jahre darauf landete er im niedersächsischen Oldenburg. Ohne ein Wort Deutsch zu können.

Ein komischer Vogel, wird sich der ein oder andere Einheimische gedacht haben. „Um die deutsche Grammatik habe ich mich wenig gekümmert“, sagt Mouritsen, vielmehr habe er „einfach drauf los geplappert“. Jetzt, nach sechs Jahren, ist es jedenfalls ein großes Vergnügen, ihm zuzuhören. Lebhaft erzählt er von dem wunderbaren Beruf des Wissenschaftlers – der leider nur schwer zu vereinen sei mit einer Familie – und von der Bedeutung der Grundlagenforschung. Die wiederum, leider, mit der Idee von Politikern und EU-Förderprogrammen konfrontiert sei, dass sich jede Investition in die Wissenschaft unmittelbar auszahlen müsse. Am liebsten, natürlich, erzählt Mouritsen aber von den Zugvögeln: von ihrem geheimnisvollen Orientierungssinn, der in den weniger als ein Gramm wiegenden Gehirnen sitzt und fast genauso präzise ist wie ein satellitengesteuertes Navigationssystem.

Wie dieses System auf neurobiologischer Ebene funktioniert, möchte er in den nächsten 10 bis 20 Jahren herausfinden. Die Wege der Wissenschaft sind eben auch lang. MAXIMILIAN PROBST