Ein Euro-Allzeithoch jagt das nächste

Die europäische Gemeinschaftswährung profitiert vom Abwärtsstrudel der US-Währung: Zeitweise 1,5624 Dollar kostete am Donnerstag 1 Euro. Der Grund dafür ist die Sorge vor einer Rezession in den USA. Finanzspritzen helfen kaum

VON TARIK AHMIA

Erstmals in seiner achtjährigen Geschichte knackte der Euro am Donnerstag die Marke von 1,56 Dollar. Ein Ende des Höhenflugs ist nicht in Sicht – ebenso wenig wie der von Öl und Gold. Denn der Eurokurs steigt, je schlechter es der US-Wirtschaft geht.

Seit dem vergangenem Sommer hat der Euro gegenüber dem Dollar um 15 Prozent zugelegt – angefeuert durch die Finanzkrise im amerikanischen Bankensystem und die hohe Verschuldung der USA. Für die neuerliche Dollarschwäche sorgte am Donnerstag die Nachricht, dass der börsennotierte Hedgefonds Carlyle Capital Schulden in Höhe von 16,6 Milliarden Dollar nicht zurückzahlen kann. Weitere große US-Hedgefonds drohen unter ihrer Schuldenlast zusammenzubrechen. Ursache ist, dass die Banken Kreditbedingungen für Hedgefonds und Private-Equity-Firmen verschärft haben, weil sie selbst Kapital benötigen.

Die USA versuchen den klammen Banken bislang zu helfen, indem sie immer mehr Geld in die US-Wirtschaft pumpen. Zuvor sollte ein Konjunkturprogramm über 150 Milliarden Dollar die drohende Rezession verhindern. Erst am Dienstag hatten führende Notenbanken weitere 200 Milliarden Dollar den Geschäftsbanken an Liquidität bereitgestellt. Nach kurzer Erholung setzte sich der Abwärtsstrudel der US-Währung aber nur einen Tag später fort.

Marktbeobachter erwarten nun, dass der Leitzins, zu dem sich Geschäftsbanken bei der US-Notenbank Geld leihen können, in der nächsten Woche sinkt. Seit Sommer 2007 sind die US-Leitzinsen von 5,25 Prozent auf nun 3 Prozent gefallen. „An den Devisenmärkten wird auf eine weitere Zinssenkung um 0,75 Prozent spekuliert“, sagte Tomoko Fuji von der Bank of America.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hält unterdessen am Euro-Leitzins von 4 Prozent fest. Die Zinsdifferenz zwischen den USA und Europa ist der Grund, weshalb immer mehr Kapital aus den USA in den Euro-Raum verlagert wird. Der Ökonom Peter Bofinger forderte die EZB am Donnerstag auf, zugunsten des Dollars zu intervenieren. „Wenn man jetzt nichts macht, besteht die Gefahr, dass wir eine Dollarkrise bekommen“, sagte er der Financial Times Deutschland.

Die USA profitieren aber auch von dem niedrigen Dollar: Mit dem fallenden Kurs sinken die in Dollar verbrieften Schulden der USA. Gleichzeitig verbessert der billige Dollar die Wettbewerbsfähigkeit der US-Wirtschaft. Die USA spielen jedoch mit dem Feuer, denn zu niedrige Leitzinsen können in den USA die Inflation hochschaukeln.

Im Gegenzug kann der hohe Eurokurs die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Exportwirtschaft belasten. Insbesondere Autobauer, Maschinenhersteller und die Flugzeugindustrie sind gefährdet. Gleichzeitig profitiert die deutsche Wirtschaft vom niedrigen Dollarkurs, weil viele Importe und Rohstoffe billiger werden. Und der Bundesverband des Groß- und Außenhandels erwartet, dass deutsche Unternehmen 2008 erstmals Waren für mehr als 1 Billion Euro ins Ausland verkaufen.