Doppelstunde Jazzunterricht

Mit seinem aktuellen Projekt „Drumlesson“ arrangiert der Münchener Schlagzeuger, DJ und Produzent Christian Prommer Clubklassiker im Jazz-Kontext. Das „Neil Cowley Trio“ ist der Shooting Star des britischen Piano-Jazz

Beinahe hätte die junge Liebe ein frühes und jähes Ende gefunden. Christian Prommer, der sich im zarten Alter von elf Jahren die ersten Schlagzeuge aus Töpfen und Kartons gebastelt hat, wurde von seiner ersten Lehrerin „Nichtmusikalität“ bescheinigt: Das Trommeln sollte er lieber sein lassen. Glücklicherweise war die Liebe dann doch stärker als der Glauben an angemessene Einschätzungen seitens musikpädagogischer Autoritäten. Und so lernte Prommer weiter. Zuerst, dass es nicht um das Schlagzeug allein geht, sondern um den Groove, um die „Welle, auf der der Solist dann reitet“. Er ging auf Konzerte und hörte zu, er nahm professionellen Unterricht, lernte beim „Parliament“-Drummer Dennis Chambers, bei Joe Morello und beim New Yorker „Drummer’s Collective“.

Und dann kam die zweite Liebe dazu, die Technologie. Zuerst der Kassettenrekorder, dann der erste Commodore mit Soundkarte. Prommer integriert Drummaschinen und Drumpads in sein Schlagzeug. Aber auch jetzt stören ihn immer noch die Grenzen, an die er stößt, und die Sehnsucht treibt den Münchener weiter.

Anfang der 90er hört Prommer auf, in diversen Jazz- und Rockcombos die Sticks zu wirbeln und stürzt sich gemeinsam mit Schlagzeuger-Kollege Roland Appelt auf den gerade populär werdenden Drum’n’Bass. „Fauna Flash“ nennt sich das Duo, das im Gegensatz zu anderen auf live eingespielte Samples setzt und sich auf der Bühne nicht aufs Plattenmixen beschränkt. Schließlich werden sie mit einem Auftritt beim Montreux Jazz Festival geadelt. Und auch der gemeine Fernsehzuschauer bekam dann regelmäßig seine Dosis „Fauna Flash“ – als Hintergrundmusik der „Lieben Sünde“ und der Trailer der DSF-Fußballshow „Hattrick“.

1997 schließen sich die beiden mit Rainer Trüby zum „Rainer Trüby Trio“ zusammen und verarbeiten Jazz, Latin, House, Drum’n’Bass und Afrobeat zu komplex-rhythmischer elektronischer Tanzmusik. Zusammen mit Peter Kruder vom österreichischen Duo „Kruder & Dorfmeister“ produzieren die beiden schließlich auch noch Detroit-Techno unter dem Namen „Voom:Voom“.

Mit seinem neuen Projekt „Drumlesson“, dessen erster Teil jüngst erschienen ist, dreht Prommer den Spieß jetzt wieder um. Clubklassiker finden sich auf dem Album, arrangiert für ein klassisches Jazz-Quartett, eingespielt mit den weltbekannten Musikern Wolfgang Haffner, Dieter Ilg, Roberto Di Gioia, Ernst Ströer – abgemischt von Peter Kruder. Der Derrick May-Klassiker „Strings of Life“ ist dabei, „Kraftwerk“s „Trans Europa Express“, „Âme“s „Rej“. Die Intro feiert schon die „Verschmelzung von Jazz und House“, Prommer selbst hingegen spricht vom Ziehen eines Resümees. Und davon, dass der zweite Teil der Trommelstunde dann der Ausblick sein wird.

Irgendwie Post-Techno und wiedergeborenen Jazz spielt auch das Trio des britischen Pianisten Neil Cowley, am Mittwoch ebenfalls in der Fabrik. Cowley hat, ähnlich wie Prommer, bereits mit zehn Jahren Schostakowitsch interpretiert und später jahrelang Erfahrungen in der Pop- und Dance-Szene gesammelt, als Keyboarder der „Brand New Heavies“ etwa. Das Debüt seines Trios, „Displaced“, im letzten Jahr auf Cowleys neu gegründetem Label „Hide Inside“ erschienen, schickt sich indes an, mehr als eine weitere Fußnote zur gegenwärtigen Renaissance des Jazz-Piano-Trios zu sein, nicht so klobig wie „The Bad Plus“, nicht so episch wie „e.s.t“, sondern rauh und vor allem prägant. Dafür gab’s prompt den BBC Jazz Award. Und in zwei Wochen erscheint schon das zweite Album „Loud Louder Stop“.

ROBERT MATTHIES

Mi, 18. 3., 21 Uhr, Fabrik, Barnerstr. 36