Utopia am Golf

Oman plant eine Stadt für 200.000 Menschen mit Geschäften, Universität, medizinischen Forschungseinrichtungen, aber auch Hotels und Wellnesszentren. Eine Stadt der Moderne im traditionellen Design für Touristen und Einheimische

VON THORSTEN MALESSA

Mit weitem Schwung wirft der Fischer das Netz aus. Weiß schimmert sein Kaftan in der Morgensonne, draußen auf dem Meer. Im Boot ist er dorthin gerudert, weit draußen vor die Küste Omans. In seinem Rücken leuchtet golden die Silhouette der kleinen Stadt Al Madina A’Zarqa im Morgenlicht.

Das Bild auf der kleinen Broschüre am Stand Omans auf der ITB Berlin ist der Zeit weit voraus: In Wirklichkeit steckt die Stadt Al Madina A’Zarqa noch in der Planungsphase. Und die Küstenebene im Nordosten Omans erstreckt sich noch wüst und leer ins Meer. Noch weiß man dort nichts von Hotels, Geschäften, Spa-Resorts, nichts von der Universität, den Krankenhäusern und medizinischen Forschungseinrichtungen, Gesundheits- und Wellnesszentren. Noch sticht der Fischer im Boot jeden Morgen allein in See, ahnt nichts von der geplanten Marina mit den Luxusjachten derer, die seine Fische am Mittag in edlen Geschäften kaufen werden.

Jahrzehntelang pumpten die Scheichs des Sultanats Geld in Form von Öl aus dem Wüstenboden. Nun vergraben sie es wieder in der Hoffnung auf nachhaltige Rendite. „Wie viele arabische Emirate bereitet sich das Sultanat Oman vor auf die Zeit, wenn das Öl zu Ende ist“, sagt Bhakti Mhaskar, Projektmanagerin der geplanten Stadt. „Der erste Bauabschnitt ist schon komplett verkauft.“ Über 200.000 Menschen sollen hier im Nordosten Omans leben, Urlaub machen, arbeiten. „Wir wollen omanische Traditionen wieder aufleben lassen – angepasst an die Notwendigkeiten der heutigen technischen Welt.“

Gerade einmal 2,4 Millionen Menschen leben in Oman, einem Land, das nur wenig kleiner ist als Deutschland. 560.000 von ihnen sind Ausländer. Das Sultanat ist damit eines der am dünnsten besiedelten Staaten der Welt. Bis heute leben fünf Prozent der Bevölkerung als Nomaden.

Die neue Stadt will Rücksicht nehmen auf die gewachsenen Strukturen des Landes, auf die Gewohnheiten der Einheimischen. Stararchitekt Norman Foster, der die Stadt in der Wüste baut, erhielt den Auftrag, in seinen Plänen die Traditionen Omans zu respektieren. „Die Wohnbereiche werden gebildet aus einer Art Dorfstruktur. Jedes Dorf für sich soll eigenständig sein mit eigenen Schulen, Krankenhäusern und Geschäften – und durch ein Transportsystem verbunden mit den anderen Dörfern“, erläutert der Planer in einer Broschüre. Im randtropischen Klima zwischen Wüste und Meer setzen die Projektentwickler nicht auf postmoderne Megaprojekte, mit denen Emirate wie Dubai und Abu Dhabi von sich reden machen, sondern auf eine Weiterentwicklung der eigenen Tradition und Kultur.

Die Gebäude Al Madina A’Zarqas in den Farben der Wüste errichtet, viele Obergeschosse nach traditioneller Bauart ohne Dach – Harmonie mit der Geschichte statt radikaler Modernisierung.

Doch für wen soll Al Madina A’Zarqa gebaut werden? „Oman investiert hier in Hotels und Spa-Resorts, verbunden mit der Eigenständigkeit einer traditionellen Stadt. Das Ziel ist, Touristen aus aller Welt nach Oman einzuladen. Aber nicht in ein künstliches Paradies, sondern mitten in die einheimische Bevölkerung, die hier auch leben und arbeiten soll“, sagt Bhakti Mhaskar.

Die Appartements, deren Ausstattung hohe Komfortstandards erfüllt, gibt es schon ab 200.000 Euro, Häuser ab 400.000. Die teuersten sollen rund eine Million Euro kosten. Al Madina A’Zarqa wird komplett mit den privaten Mitteln seiner Investoren gebaut. In fünf Jahren soll das erste eigenständige Stadtviertel fertig sein, 2020 die ganze Stadt.

Wenn alles klappt wie geplant, wird der Fischer aus der Broschüre dann noch immer seine Netze im Morgenlicht auswerfen.

www.almadinaazarqa.com