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: Der Unterschriften-Mann

Es war einer der Tage, die nichts als eine Kette von Fehlschlägen bringen, menschlicher und beruflicher und jeder Art. Ein Tag, an dem man rückwärts aus dem Imbiss rausläuft, weil am Tisch in der Mitte jemand sitzt, den man kennt. Auf dem Rückweg kam ich die Ottenser Hauptstraße entlang, wo junge Leute im Auftrag von Kinderschutz-/Umweltschutz-/irgendwelcherschutz-Vereinen wissen wollen, warum man nicht die Kinder/Moore/Seeadler für 12,50 Euro monatlich retten will.

Natürlich dient es der Sache, aber diese fröhlichen Menschen erwecken den Eindruck, als ob sie auch Mitgliedschaften beim südbayerischen Kinderpornoring unters Volk brächten, und das ist ein bisschen unheimlich. Außerdem duzen sie jeden, und bereits dafür könnte ich sie erschießen.

Heute war es ein junger Türke, Modell Rapper mit Drei-Tage-Bart und Mütze, der eine Unterschrift wollte. Für mehr Demokratie. Die Mehr-Demokratie-Leute sehen sonst anders aus, mittelalt und eher Weltmusik- als Rap-affin. „Werden Sie dafür bezahlt?“, fragte ich. „Es gibt die Ehrenamtlichen und welche, die bezahlt werden“, sagte er heiter. Er bekam 50 Cent pro Unterschrift und fand das eher mau. Ich unterschrieb. „Darf ich Sie umarmen?“, fragte er, und ich war zu Fehlschlagsketten-belämmert, um mich zu wundern. Es war eine sehr vorsichtige Umarmung, so, wie man alte, wackelige Tanten umarmt. Als ich weiterradelte, rief er schon nach neuen Unterschriften. GRÄ