„Es muss gelingen“

WINFRIED VERBURG, 49, Oberschulrat, leitet seit dem Jahr 2000 die Abteilung Schule und Hochschule im Bistum Osnabrück.

taz: Wie ist Ihre Bilanz nach einem dreiviertel Jahr Islamunterricht, Herr Verburg?

Winfried Verburg: Wir nehmen wahr, dass der Unterricht sowohl bei den Schülerinnen und Schülern als auch bei den Eltern auf hohe Akzeptanz stößt.

Nehmen alle muslimischen Kinder am Islamunterricht teil?

Die Michaelschule in Papenburg ist eine Schule in kirchlicher Trägerschaft, daher müssen alle SchülerInnen am Religionsunterricht ihres Bekenntnisses teilnehmen. Wir wollten für die muslimischen SchülerInnen nicht einen Ersatzunterricht, der hier in Niedersachsen „Werte und Normen“ heißt, anbieten. Denn wir sind der Überzeugung, dass Religion besser unterrichtet wird, wenn man nicht über, sondern in Religion unterrichtet.

Es gibt bislang keinen allgemeinen Lehrplan für das Fach. Wie haben Sie sich beholfen?

Wir haben den Lehrplan mit muslimischen Fachleuten selbst entworfen und mit den Eltern und Vertretern der einen Moscheegemeinde vor Ort abgestimmt. Aber natürlich ist das ein Modell, das für ein ganzes Bundesland so nicht greifen kann.

Sind dabei auch kontrovers diskutierte Themen wie eine historische Lesart des Koran oder die Stellung der Frau aufgetaucht?

Bisher nicht. Wir haben das Glück, dass es in Osnabrück einen Lehrstuhl für islamische Religionspädagogik gibt. Ein Mitarbeiter des Lehrstuhls, der von Haus aus Deutscher ist, unterrichtet bei uns und hat den Lehrplan im Wesentlichen erarbeitet.

Anders gefragt: Taucht die historische Lesart des Korans im Lehrplan auf?

Es ist nicht Sache der katholischen Kirche, festzulegen, wie die Muslime den Koran verstehen sollen. Aber wir haben uns sehr wohl im Dialog mit dem unterrichtenden Lehrer vergewissert, dass es keine sehr enge Sicht des Korans gibt, sondern dass die Zeitbedingtheit der Aussagen in den Unterricht einfließen wird.

Und die Rolle der Frau?

In den Jahrgangsstufen fünf und sechs, für die der Lehrplan inzwischen fertig ist, taucht das Thema nicht auf. Wir wollen den Unterricht aber den folgenden Jahrgängen fortsetzen, und da soll dies eine Rolle spielen.

In Hamburg gibt es einen Religionsunterricht für alle Konfessionen, unter anderem mit dem Argument, dass gerade so Toleranz gelernt werde.

Wir haben verpflichtende Dialogelemente: festgelegte Themen, die sich die Schüler gegenseitig vorstellen. Zum Beispiel zeigen die katholischen Schüler den muslimischen den Kirchenraum und die wiederum die Moschee.

Wie optimistisch sind Sie, dass der von Innenminister Schäuble geforderte flächendeckende Islamunterricht bald angeboten wird?

Es muss angesichts der wachsenden Zahl muslimischer Schüler einfach gelingen. Wenn junge Menschen nicht in den Dialog über ihre Glaubensüberzeugungen eintreten und an der Schule nicht auch den Perspektivwechsel lernen, wird es auf Dauer schwierig, in dieser Gesellschaft friedlich zusammenzuleben.

INTERVIEW: GRÄ