Der Entdecker ist tot

Francisco Cornejo hatte einen untrüglichen Blick für Talente – auch für Diego Maradona

USHUAIA taz ■ Nach dreiwöchigem Dahinsiechen in der Intensivstation verstarb in der Nacht auf Freitag einer der letzten großen Fußballlehrer Südamerikas, der Argentinier Francisco Cornejo 76-jährig in der Poliklinik Bancario von Buenos Aires an Leukämie. Dem famosen Talente-Entdecker ging es zuletzt sehr schlecht. Als Exangestellter des Banco Hipotecario Nacional bezog er eine Mindestrente. Im Strudel der Wirtschaftskrise verlor Cornejo seine Ersparnisse.

Immerhin, bei den Argentinos Juniors, wo der ehemalige Kicker von All Boys und Tigre seit 1953 dreißig Jahre lang die Kinder- und Jugendteams betreut hatte, gab man ihm einen „Nebenjob“ als Berater. Für diese Tätigkeit wurde er genauso entlohnt wie der Trikotwäscher des Klubs. Die Jugendarbeit beim Klub ist legendär. Weltstars wie Fernando Redondo, Juán Román Riquelme, „Cuchu“ Cambiasso und „Juampi“ Sorín erhielten von Cornejo prägende Lehrstunden. An einem Sonnabend im März 1969 erlebte Cornejo sein privates Wunder. Er war Trainer der „Cebollitas“, der Zwiebelchen, und arbeitete mit Jungs der Altersklasse 1960. Star der Truppe bis dahin war Mittelstürmer Goyo Carrizo. „Eines Tages erzählte mir Goyo, dass er einen Freund hätte, der noch besser sei als er, und fragte, ob er ihn mit zum Training bringen könne.“ Es war kein Geringerer als Diego Maradona aus der Villa Fiorito. Ganze acht Jahre jung. Er überzeugte Cornejo auf Anhieb. „Geschickte Chicos gibt es viele, aber die meisten haben zehn Punkte in den Füßen und nichts im Kopf. Wenn ein ‚Kleiner‘ zehn Punkte oben und unten hat, hast du ein Genie wie Diego.“ Der kleine Diego wurde sofort zum Chef der ultratalentierten Zwiebelchen, die bis 1976 sämtliche der berühmten „Torneos Evita“ abräumten und es schafften, 136 Spiele ungeschlagen zu bleiben. Dort erzielte er Tore am Fließband, damals noch für Bockwurst und Cola. Natürlich ist Maradona keine Erfindung Cornejos. Sein Verdienst ist, der Kunsthandwerker gewesen zu sein, der einen Rohdiamanten polierte.

ANDRE DAHLMEYER