Rechte Randale auf Budapests Straßen

Anlässlich des ungarischen Nationalfeiertages liefern sich Rechtsradikale Schlägereien mit der Polizei. Mehrere Personen festgenommen. Oppositionschef Viktor Orbán redet nicht mehr vom Sturz der Regierung, sondern schlägt gemäßigte Töne an

VON RALF LEONHARD

Wie befürchtet war Budapest in der Nacht von Samstag auf Sonntag erneut Schauplatz von Ausschreitungen bei regierungsfeindlichen Protesten. Die offiziellen Feiern zum ungarischen Nationalfeiertag und die Aufmärsche der gemäßigten Opposition waren längst vorbei, als Rechtsradikale in der Innenstadt der ungarischen Hauptstadt Straßenschlachten mit der Polizei provozierten.

Nachdem sie sich mehrere Stunden in Fahrt geredet hatten, beschlossen die Demonstranten, von denen viele mit Uniformteilen und Springerstiefeln bekleidet waren, zum mehrere Kilometer entfernten Palast der Künste zu ziehen, wo Ministerpräsident Ferenc Gyurcsány einem Festakt beiwohnte. Brandsätze und Molotow-Cocktails flogen durch die Luft, Mülltonnen wurden umgeworfen, einige Demonstranten rissen auch Verkehrszeichen aus dem Asphalt. Die Polizei versuchte, mit Tränengas der Meute Herr zu werden, und nahm 21 – nach anderen Angaben nur 13 – der Randalierer fest.

Die Demonstration der äußersten Rechten war nur eine Kundgebung von 166 allein in Budapest angemeldeten Kundgebungen. Landesweit waren über 550 Märsche, Gedenkfeiern und Manifestationen bewilligt worden. Ungarn gedenkt am 15. März des Beginns der Rebellion gegen die Habsburger Herrschaft im Jahre 1848.

Die Regierungsspitze, angeführt von Premier Ferenc Gyurcsány, hatte mit Staatspräsident László Sólyom bereits am Vormittag mit einer Flaggenparade vor dem Parlament den offiziellen Festakt begangen. Schon dort hatten sich etwa tausend regierungsfeindliche Demonstranten eingefunden, die die Feierstunde mit Pfiffen und Buhrufen stören wollten. Sie wurden von der Polizei ferngehalten.

Die Opposition verspürt Aufwind, seit am 9. März ein von der rechtspopulistischen Jungen Bürgerunion Fidesz eingeleitetes Referendum den von der Regierung eingeführten Gesundheits- und Studiengebühren eine deutliche Absage erteilt hat. Fidesz-Chef Viktor Orbán, der vor kurzem noch zum Sturz der sozial-liberalen Regierung aufgerufen hatte, gibt sich seit einiger Zeit betont gemäßigt. Ihm wurde vorgeworfen, das Volk zum Aufstand ermuntert zu haben.

Er setzte seine Veranstaltung am Nachmittag nahe der Elisabeth-Brücke an. Rund 30.000 Anhänger hörten dort eine kritische, aber nicht aufrührerische Rede. Auch der CDU-Europaabgeordnete Elmar Brok durfte das Wort ergreifen. Am Ende riet Orbán seinen Sympathisanten, einen Bogen um den nahe gelegenen Blaha-Lujza-Platz zu machen, wo sich die extreme Rechte sammelte. Einige hundert Demonstranten, die schon die Insignien der Rechtsnationalisten mitgebracht hatten, dürften das aber als Aufforderung verstanden haben, sich den rechten Protesten anzuschließen.

Viktor Orbán, der 2002 nach vier wenig erfolgreichen Jahren als Regierungschef abgewählt wurde, hofft auf ein Comeback bei den Wahlen 2010. Im Herbst soll ein weiteres Referendum stattfinden, das die Gesundheitsreform aushebeln könnte. Die Lücke im Haushalt wird dadurch größer und Premier Gyurcsány zu weiteren unpopulären Maßnahmen gezwungen sein.