Denkzettel für die französische Rechte

Bei den Kommunalwahlen siegt das linke Lager in den meisten mittleren und großen Städten. Die Rechte verliert viele traditionelle Hochburgen. Einen Zusammenhang zwischen dem Ergebnis und ihrer Politik sieht die Regierungspartei UMP nicht

AUS PARIS DOROTHEA HAHN

Eine riesige rosa Welle ist über Frankreich geschwappt. Und hat der sozialdemokratischen PS und ihren Alliierten in der KPF und bei den Grünen die Mehrheit der großen und mittleren Städte im Land verschafft. Darunter sind traditionelle rechte Hochburgen wie Toulouse, Reims und Saint Etienne, die nach jahrzehntelangen rechten Stadtregierungen an die Linke gehen. Das gilt auch für Metz und Caen, die mehr als ein Jahrhundert lang rechts dominiert waren. Links bleiben Paris und Lyon. Und sehr eindeutig nach links geht nach kurzem rechtem Intermezzo wieder die elsässische Hauptstadt Straßburg.

Zehn Monate nach der triumphalen Wahl von Nicolas Sarkozy zum Staatspräsidenten bleiben seiner rechten Partei UMP nur drei große Städte als Trostpreise: Bordeaux, Nizza und Marseille. In Marseille hat der langjährige rechte Bürgermeister Jean-Claude Gaudin aber seinen zuvor großen Vorsprung im Stadtrat eingebüßt. In der heißen Phase des Kommunalwahlkampfes hatte Gaudin dafür gesorgt, dass die Repräsentanten der Pariser UMP seiner Stadt fernblieben, um weiteres Unheil zu verhindern.

Ganz anders erging es dem vierten Mann der Pariser Regierung. Erziehungsminister Xavier Darcos verlor das Rathaus von Périgeux an die Linke. Anders als die meisten rechten KandidatInnen in der Provinz hatte er weder seine Sympathie für Präsident Sarkozy noch das Logo der UMP in seinem Wahlkampf versteckt. „Wir haben es nicht geschätzt, dass der (rechte) Premierminister aus Paris und der (rechte) Bürgermeister aus Bordeaux hier Wahlkampf gemacht haben“, erklärten am Sonntag Wähler in Périgeux.

An vielen Orten äußerten sich die gescheiterten rechten KandidatInnen bitter über ihre Niederlagen. „In den vergangenen Jahren habe ich der Stadt das Beste von mir und das meiste meiner Zeit gegeben“, sagte in Toulouse der Rechtsliberale Jean-Luc Moudenc, als er seine Niederlage gegen den Sozialdemokraten Pierre Cohen eingestand.

In Paris bestreiten die Spitzen der UMP jeden Zusammenhang zwischen den Ergebnissen der Kommunalwahlen und ihrer Politik in der Regierung. Schon 20 Minuten nach Schließung der Wahllokale erklärte Premier François Fillon, dass jede Gemeinde anders entschieden habe und es „keine nationalen Lektionen“ aus dem Wahlergebnis gäbe. Am Wahlabend wiederholten zahlreiche MinisterInnen im Fernsehen ständig einen Spruch, der wie auswendig gelernt klang. „Lokale Wahlen haben keine nationale Bedeutung.“ Paradoxerweise zählten sie schon im nächsten Atemzug auf, welche Lektion sie daraus ziehen wollen. „Wir müssen die Reformen verstärken und vertiefen“, sagte der Generalsekretär der UMP, Patrick Devedjian. Umgekehrt verlangt die PS jetzt, dass die UMP ihre Politik sozialer gestaltet. „Der Präsident muss auf die Wähler hören“, erklärt PS-Chef François Hollande.

Die französische Hauptstadt bleibt in der Hand des sozialdemokratischen Bürgermeisters Betrand Delanoë. Dennoch konnte die Linke in Paris keine zusätzlichen Bezirke erobern. An mehreren Orten der linken Pariser Banlieue fanden im linken Lager schwere Kämpfe statt. Die PS und die von der PS unterstützten Grünen hatten ihre Kandidaturen gegen KommunistInnen aufrecht erhalten, die im ersten Wahlgang am besten platziert waren. Angesichts der geballten Unterstützung von sozialdemokratischen, grünen und rechten WählerInnen verlor die KPF mehrere Orte, darunter die Vorstadtgemeinde Montreuil. Dort wird die grüne Politikerin Dominique Voynet den Platz des bisherigen kommunistischen Bürgermeisters einnehmen.

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