Ökologie gegen Ökonomie

Die Elbvertiefung und das Kohlekraftwerk Moorburg bleiben die größten Hindernisse für eine schwarz-grüne Koalition. Der Druck von Industrie und Umweltverbänden auf CDU und GAL wächst

von SVEN-MICHAEL VEIT

Sie hoffe auf „die Versöhnung von Ökologie und Ökonomie“, hatte die grüne Spitzenkandidatin Christa Goetsch vor der zweiten Runde der Koalitionsverhandlungen von CDU und GAL gesagt. Die Hoffnung könnte trügerisch sein. Denn die erneute Elbvertiefung und der Bau des Steinkohlekraftwerks Moorburg könnten sich als Sollbruchstellen für das erste schwarz-grüne Bündnis in einem deutschen Bundesland erweisen.

So forderten die Umweltverbände BUND und WWF am Donnerstag die Grünen erneut auf, die „ökologisch hoch problematische“ Elbvertiefung zu verhindern. „Da es nur um wenige vollbeladene Containerschiffe geht und der Hafen auch ohne Elbvertiefung seit Jahren zweistellige Zuwachsraten im Containerumschlag verzeichnet, gibt es gute Argumente, das 350 Millionen Euro teure Projekt zu beerdigen“, sagte Hamburgs BUND-Chef Manfred Braasch.

Für Bürgermeister Ole von Beust (CDU) ist die erneute Ausbaggerung des Flusses hingegen nicht verhandelbar. Sie sei für die Zukunft des Hafens unerlässlich, stellte er mehrfach klar. Die Vertiefung soll sicherstellen, dass auch Schiffe mit einem Tiefgang von 14,50 Metern den Hafen selbst bei Niedrigwasser ansteuern können.

BUND und WWF glauben, dass der Stand des Planfeststellungsverfahrens gute Chancen biete, „das gesamte Verfahren einzustellen“. So lägen bisher rund 5.000 Einwendungen vor, auch habe Niedersachsen weiter Bedenken gegen die Vertiefung wegen einer Gefährdung der Deiche und zusätzlichen Belastungen des Ökosystems.

Bis nächsten Freitag soll eine Arbeitsgruppe eine Lösung erarbeiten. Ihr gehören für die CDU Umweltstaatsrätin Herlind Gundelach, ihr Kollege Gunther Bonz aus der Wirtschaftsbehörde und Umweltpolitiker Rüdiger Kruse an, die GAL ist durch ihre Fachpolitiker Christian Maaß und Jens Kerstan vertreten.

Aus Verhandlungskreisen sickerte derweil durch, dass die Vertiefung geringer als 14,50 Meter ausfallen könnte. Auch ein Fonds für ökologische Aufwertungen und weitere Flachwasserzonen stehe als Kompromiss zur Debatte.

Unterdessen hat Europas größte Kupferhütte Norddeutsche Affinerie (NA) den Bedarf für das Steinkohlekraftwerk Moorburg bekräftigt. Der Kohlemeiler garantiere „eine verbrauchsnahe Energierzeugung“ für die NA und das benachbarte Aluminiumwerk Trimet, heißt es in einer Presseerklärung. Eine alternative Stromproduktion „beispielsweise in Brunsbüttel“ würde zu Leitungsverlusten von 175 Millionen Kilowattstunden jährlich führen, rechnet das Unternehmen vor. Das entspreche dem Verbrauch von 70.000 Haushalten. Deshalb sprächen wirtschaftliche und ökologische Aspekte sowie die Schaffung von bis zu 2.000 Arbeitsplätzen beim Bau der Anlage für das Kraftwerk in Moorburg.

In einem offenen Brief an von Beust fordern auch der Hafenkonzern HHLA und die Gewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie, an den Moorburg-Plänen festzuhalten. „Wer dauerhaft industrielle Produktion in Hamburg wettbewerbsfähig erhalten will, darf die Stromerzeugung nicht aus der Stadt verbannen, sondern muss vielmehr die Voraussetzungen für eine günstige Grundlastversorgung schaffen“, heißt es in dem Schreiben. Und der Industrieverband der Hansestadt behauptet schlicht: „Die Politik steht bei führenden Industrieunternehmen bezüglich Moorburg im Wort.“

Auch zur Lösung dieses Problems haben CDU und Grüne eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die bis Ende nächster Woche Lösungsvorschläge machen soll. Die Grünen wollen das Kraftwerk, mit dessen Bau schon begonnen wurde, in der geplanten Form auf jeden Fall verhindern.

Am Mittwoch werden die Koalitionsverhandlungen zunächst mit dem Themenkomplex Inneres und Justiz fortgesetzt. Die Polizeigewerkschaft warnte bereits davor, wieder eine Kommission zur Kontrolle der Polizei einzuführen. Diese 1997 von Rot-Grün geschaffene Beschwerdeinstanz hatte der neue Innensenator Ronald Schill im November 2001 in seiner allerersten Amtshandlung wieder abgeschafft.

In den Sondierungen zwischen CDU und GAL war jetzt erneut über eine solche Instanz gesprochen worden. Die Grünen wollen sich damit verstärkt als Bürgerrechtspartei profilieren, die Union hat dieses zumindest nicht rundweg verwehrt.